Melox-GRY ./. Maalox

Gehören zu den angespro­chenen Verkehrs­kreisen sowohl Fachkreise (Ärzte und Apotheker) als auch das allge­meine Publikum (Endver­braucher), kann der Gesamt­ein­druck, den die verschie­denen Verkehrs­kreise von den Marken haben, unter­schiedlich ausfallen. Kann aufgrund der gespal­tenen Verkehrs­auf­fassung nur bei einem der verschie­denen Verkehrs­kreise eine Verwechs­lungs­gefahr bejaht werden, reicht dies für die Verwirk­li­chung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG grund­sätzlich aus.

Das Publikum hat regel­mäßig keine Veran­lassung, von wirtschaft­lichen oder organi­sa­to­ri­schen Verbin­dungen zwischen den Unter­nehmen auszu­gehen, die Inhaber der kolli­die­renden Marken sind, wenn die Ähnlichkeit der Waren durch­schnittlich ist, die ältere Marke über normale Kennzeich­nungs­kraft verfügt und deutliche Unter­schiede zwischen den Marken bestehen.

Der I. Zivil­senat des Bundes­ge­richtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2011 durch den Vorsit­zenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch beschlossen:

a)        Die Rechts­be­schwerde der Wider­spre­chenden gegen den an Verkün­dungs Statt am 16. Juni 2009 zugestellten Beschluss des 25. Senats (Marken-Beschwer­de­senats) des Bundes­pa­tent­ge­richts wird zurückgewiesen.

b)        Die Kosten des Rechts­be­schwer­de­ver­fahrens fallen der Wider­spre­chenden zur Last.

c)        Der Gegen­standswert der Rechts­be­schwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

 

Gründe:

I. Für die Marken­in­ha­berin ist die am 7. August 2002 angemeldete Wortmarke Nr. 302 38 530

 

Melox-GRY

 

am 20. Februar 2003 für die Waren

pharma­zeu­tische Erzeug­nisse zur sympto­ma­ti­schen Behandlung akuter Schübe von Arthrose, sympto­ma­ti­schen Behandlung der rheuma­toiden Arthritis und sympto­ma­ti­schen Behandlung des Morbus Bechterew (Spondy­litis ankylosans)

Gegen die Eintragung hat die Wider­spre­chende aus ihrer am 6. November 1978 für die Waren pharma­zeu­tische Erzeug­nisse und chemische Erzeug­nisse für die Gesund­heits­pflege einge­tra­genen Wortmarke Nr. 978 318

 

Maalox

Wider­spruch erhoben.

 

Die Marken­in­ha­berin hat die Einrede mangelnder Benutzung der Wider­spruchs­marke erhoben.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat eine Verwechs­lungs­gefahr der Marken verneint und den Wider­spruch zurück­ge­wiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschluss vom 16. Juni 2009 — 25 W (pat) 54/08, juris).

Hiergegen wendet sich die Wider­spre­chende mit der (zugelas­senen) Rechts­be­schwerde. Die Marken­in­ha­berin beantragt, das Rechts­mittel zurück­zu­weisen. Während des Rechts­be­schwer­de­ver­fahrens ist die frühere Marken­in­ha­berin “GRY-Pharma GmbH” auf die Pharma­chemie GmbH verschmolzen worden, die nunmehr die Unter­neh­mens­be­zeichnung “TEVA GmbH” führt.

 

II. Das Bundes­pa­ten­ge­richt hat den Wider­spruch wegen fehlender Verwechs­lungs­gefahr für unbegründet erachtet (§ 43 Abs. 2 Satz 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Dazu hat es ausgeführt:

Die Wider­spre­chende habe eine rechts­er­hal­tende Benutzung der Wider­spruchs­marke für Magen- und Darmmittel glaubhaft gemacht. Diese Waren seien bei der Wider­spruchs­marke der Prüfung der Verwechs­lungs­gefahr zugrunde zu legen. Zwischen Magen- und Darmmitteln und den Waren, für die die jüngere Marke einge­tragen sei, bestehe eine durch­schnitt­liche Ähnlichkeit. Die Wider­spruchs­marke verfüge zudem über eine normale Kennzeich­nungs­kraft. Den danach erfor­der­lichen weiten Abstand von der Wider­spruchs­marke halte die jüngere Marke ein. Die Marken “Maalox” und “Melox-GRY” unter­schieden sich klanglich und bildlich deutlich. Der Verkehr habe auch keine Veran­lassung, das in der angegrif­fenen Marke enthaltene (vormalige) Firmen­schlagwort “GRY” der Marken­in­ha­berin zu vernach­läs­sigen. Auch eine Verwechs­lungs­gefahr im weiteren Sinn sei nicht gegeben. Der Bestandteil “Melox” verfüge in der angegrif­fenen Marke nicht über eine selbständig kennzeich­nende Stellung.

 

III. Die zulässige Rechts­be­schwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Bundes­pa­tent­ge­richt hat das Vorliegen einer Verwechs­lungs­gefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ohne Rechts­fehler verneint.

1. Nach der ständigen Recht­spre­chung des Bundes­ge­richtshofs ist die Frage, ob eine Verwechs­lungs­gefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heran­ziehung aller Umstände des Einzel­falls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechsel­wirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienst­leis­tungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeich­nungs­kraft der priori­täts­äl­teren Marke in der Weise auszu­gehen, dass ein gerin­gerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienst­leis­tungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gestei­gerte Kennzeich­nungs­kraft der älteren Marke ausge­glichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 — I ZR 102/07, GRUR 2010, 235 Rn. 15 = WRP 2010, 381 — AIDA/ AIDU; Urteil vom 19. November 2009 — I ZR 142/07, GRUR 2010, 729 Rn. 23 = WRP 2010, 1046 — MIXI). Bei dieser umfas­senden Beurteilung der Verwechs­lungs­gefahr ist auf den durch die Zeichen hervor­ge­ru­fenen Gesamt­ein­druck abzustellen, wobei insbe­sondere die unter­schei­dungs­kräf­tigen oder dominie­renden Elemente zu berück­sich­tigen sind. Gehören zu den angespro­chenen Verkehrs­kreisen sowohl Fachkreise (Ärzte und Apotheker), die in den Absatz der Produkte einge­schaltet sind, als auch das allge­meine Publikum (Endver­braucher), kann der Gesamt­ein­druck, den die verschie­denen Verkehrs­kreise von den Marken haben, unter­schiedlich ausfallen. Dies kann etwa darauf beruhen, dass die Fachkreise eine größere Aufmerk­samkeit bei der Erfassung der Marken aufwenden und Unter­schiede zwischen den kolli­die­renden Marken besser in Erinnerung behalten als die Endver­braucher. Eine unter­schied­liche Erfassung des Gesamt­ein­drucks der Marken durch verschiedene Verkehrs­kreise kann auch darauf zurück­zu­führen sein, dass die Fachkreise über detail­liertere Kennt­nisse als die Endver­braucher im Hinblick auf Kennzeich­nungs­ge­wohn­heiten auf dem in Rede stehenden Produkt­sektor verfügen und beispiels­weise einen in dem Zeichen eines Arznei­mittels enthal­tenen Hinweis auf den Wirkstoff ohne weiteres erkennen und in Erinnerung behalten. Kann aufgrund einer gespal­tenen Verkehrs­auf­fassung nur bei einem der verschie­denen Verkehrs­kreise eine Verwechs­lungs­gefahr bejaht werden, reicht dies für die Verwirk­li­chung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus (vgl. zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b GMV EuGH, Urteil vom 26. April 2007 ­ C‑412/05, Slg. 2007, I3569 = GRUR Int. 2007, 718 Rn. 8899 ­ TRAVATAN/TRIVASTAN).

2. Das Bundes­pa­tent­ge­richt ist zu Recht von durch­schnitt­licher Waren­ähn­lichkeit ausge­gangen. Es hat seiner Prüfung aus dem Waren­ver­zeichnis der Wider­spruchs­marke zutreffend nicht den (weiten) Oberbe­griff der pharma­zeu­ti­schen Erzeug­nisse zugrunde gelegt, sondern auf Magen- und Darmmittel abgestellt. Wird die ältere Marke nur für einen Teil der Waren oder Dienst­leis­tungen benutzt, für die sie einge­tragen ist, so gilt sie im Kolli­si­onsfall lediglich für diesen Teil als einge­tragen (Art. 11 Abs. 4 MarkenRL; § 25 Abs. 2 Satz 3, § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Ist die Marke für einen (weiten) Waren­ober­be­griff einge­tragen, ist sie so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren regis­triert (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 — I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 Rn. 22 = WRP 2006, 1133 — Ichthyol II). Unerheblich ist, in welchem Umfang die mangelnde Benutzung zu einer Löschung führen müsste (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. April 2008 — I ZR 167/05, GRUR 2009, 60 Rn. 32 = WRP 2008, 1544 — LOTTOCARD).

Das Bundes­pa­tent­ge­richt hat angenommen, dass die Wider­spre­chende die Benutzung der Wider­spruchs­marke für ein Magen- und Darmmittel glaubhaft gemacht hat. Nach den Packungs­in­for­ma­tionen, die das Bundes­pa­tent­ge­richt in seine Beurteilung einbe­zogen hat, wird das mit der Wider­spruchs­marke gekenn­zeichnete Arznei­mittel zur Behandlung von Erkran­kungen angewandt, bei denen Magen­säure gebunden werden soll, und zwar bei Sodbrennen, säure­be­dingten Magen­be­schwerden sowie Magen- oder Zwölf­fin­ger­darm­ge­schwüren. Daraus folgt die vom Bundes­pa­ten­ge­richt seiner Entscheidung zugrunde gelegte konkrete Benutzung für ein Magen- und Darmmittel.

3. Das Bundes­pa­tent­ge­richt ist in seiner Entscheidung mangels gegen­tei­liger Feststel­lungen von einer normalen Kennzeich­nungs­kraft der Wider­spruchs­marke ausge­gangen. Das ist aus Rechts­gründen nicht zu beanstanden.

4. Den Grad der Ähnlichkeit der Marken hat das Bundes­pa­tent­ge­richt als so gering angesehen, dass trotz Waren­ähn­lichkeit und normaler Kennzeich­nungs­kraft der Wider­spruchs­marke eine unmit­telbare Verwechs­lungs­gefahr auszu­schließen sei. Das hält recht­licher Nachprüfung stand.

a)      Die Frage der Ähnlichkeit der einander gegen­über­ste­henden Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeu­tungs­gehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angespro­chenen Verkehrs­kreise in klang­licher, bildlicher und begriff­licher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1999 — C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819 = GRUR Int 1999, 734 Rn. 27 f. ­ Lloyd; BGH, Beschluss vom 3. April 2008 — I ZB 61/07, GRUR 2008, 903 Rn. 17 = WRP 2008, 1342 — SIERRA ANTIGUO). Bei der Beurteilung der Marken­ähn­lichkeit ist das Bundes­pa­tent­ge­richt von dem das Kennzei­chen­recht beherr­schenden Grundsatz ausge­gangen, dass es auf den jewei­ligen Gesamt­ein­druck der einander gegen­über­ste­henden Zeichen ankommt (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2007 — C‑334/05, Slg. 2007, I‑4529 = GRUR 2007, 700 Rn. 35 — HABM/Shaker [Limon­cello]; BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 — I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 23 = WRP 2009, 1533 — airdsl). Der Beurteilung des Gesamt­ein­drucks der Marken sind bei der Prüfung der Voraus­set­zungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG sowohl bei der älteren Wi-derspruchs­marke als auch bei der jüngeren Marke die Zeichen in ihrer einge­tra­genen Form zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2004 — I ZB 4/02, GRUR 2005, 326, 327 = WRP 2005, 341 — il Padrone/Il Portone). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestand­teile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angespro­chenen Verkehrs­kreise hervor­ge­ru­fenen Gesamt­ein­druck prägend sein können (EuGH, Urteil vom 13. September 2007 — C‑234/06, Slg. 2007, I‑7333 = GRUR 2008, 343 Rn. 33 — Il Ponte Finanziaria/ HABM [BAINBRIDGE]; Urteil vom 2. September 2010 ­ C254/09, GRUR 2010, 1098 Rn. 56 = WRP 2010, 1368 ­ Calvin Klein/HABM [CK CREACIONES KENNYA]; BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 — I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Rn. 32 = WRP 2009, 616 — METROBUS). Voraus­setzung hierfür ist, dass die anderen Bestand­teile weitgehend in den Hinter­grund treten und den Gesamt­ein­druck der Marke nicht mitbestimmen.

b)      Weiterhin ist nicht ausge­schlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusam­men­ge­setzte Marke aufge­nommen wird, eine selbständig kennzeich­nende Stellung behält, ohne dass es das Erschei­nungsbild der Marke dominiert oder prägt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 — C‑120/04, Slg. 2005, I‑8551 = GRUR 2005, 1042 Rn. 30 — THOMSON LIFE; BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 — I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 — Mustang). Die Beurteilung des Gesamt­ein­drucks zusam­men­ge­setzter Zeichen liegt im Wesent­lichen auf tatrich­ter­lichem Gebiet und kann im Rechts­be­schwer-dever­fahren nur einge­schränkt darauf überprüft werden, ob das Bundes­patent-gericht den zutref­fenden Rechts­be­griff zugrunde gelegt, bestehende Erfah­rungs­sätze angewandt und den Sachvortrag umfassend gewürdigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003 — I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 — Telekom; Beschluss vom 29. Mai 2008 ­ I ZB 55/05, GRUR 2008, 909 Rn. 29 = WRP 2008, 1345 ­ Pantogast).

c)      Der Bestandteil “GRY” tritt in der angegrif­fenen Marke nicht in den Hinter­grund, obwohl er das Firmen­schlagwort der früheren Marken­in­ha­berin gewesen ist. Deren vollständige Unter­neh­mens­be­zeichnung lautete im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundes­pa­tent­ge­richts “GRY-Pharma GmbH”. Ob die erst während des Rechts­be­schwer­de­ver­fahrens einge­tretene Änderung der Unter­neh­mens­be­zeichnung von “GRY-Pharma GmbH” in “TEVA GmbH” bei der Beurteilung der Verwechs­lungs­gefahr zu berück­sich­tigen ist, braucht nicht entschieden zu werden. Auch wenn weiter davon ausge­gangen wird, dass der Bestandteil “GRY” der angegrif­fenen Marke dem Firmen­schlagwort der Marken­in­ha­berin entspricht, verhilft dies der Rechts­be­schwerde nicht zum Erfolg. Zwar ist in der Recht­spre­chung des Senats anerkannt, dass bei zusam­men­ge­setzten Zeichen ein Bestandteil, der für den Verkehr erkennbar das Unter­neh­mens­kenn­zeichen der Marken­in­ha­berin ist, im allge­meinen in der Bedeutung für den Gesamt­ein­druck zurück­tritt, weil der Verkehr die eigent­liche Kennzeichnung in derar­tigen Fällen in dem anderen Bestandteil der zusam­men­ge­setzten Marke erblickt (vgl. BGH, GRUR 2004, 865, 866 ­ Mustang, mwN). Dieser Erfah­rungssatz besagt aber nicht, dass die tatrich­ter­liche Würdigung des Einzel­falls unter Heran­ziehung aller Umstände nicht zu einem abwei­chenden Ergebnis führen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 — I ZB 54/05, GRUR 2008, 905 Rn. 27 = WRP 2008, 1349 — Pantohexal).

aa) Das Bundes­pa­tent­ge­richt hat angenommen, dass in der angegrif­fenen Marke der Bestandteil “GRY” — auch wenn es sich um das Firmen­schlagwort der Marken­in­ha­berin handelt — eine produkt­kenn­zeich­nende Funktion hat und vom Verkehr wegen der besonders auffäl­ligen Gestaltung in Großbuch­staben nicht vernach­lässigt wird. Es hat dies daraus gefolgert, dass das Firmen­schlagwort “GRY” der Marken­in­ha­berin dem allge­meinen Publikum in der Regel nicht bekannt sei und dieses deshalb keine Veran­lassung habe, nur in dem Bestandteil “Melox” die eigent­liche Produkt­kenn­zeichnung zu sehen. Dem aus Ärzten und Apothekern bestehenden Fachpu­blikum sei zwar die (vormalige) Unter­neh­mens­be­zeichnung “GRY-Pharma GmbH” bekannt. Wegen der Anlehnung des Bestand­teils “Melox” der jüngeren Marke an den Inter­na­tional Non-proprietary Name (INN) “Meloxicam” habe aber auch der Fachverkehr keine Veran­lassung, allein den Marken­be­standteil “Melox” als prägend anzusehen und den weiteren Bestandteil “GRY” zu vernach­läs­sigen. Diese Ausfüh­rungen halten der recht­lichen Nachprüfung stand.

bb) Ohne Erfolg rügt die Rechts­be­schwerde in diesem Zusam­menhang, das Bundes­pa­tent­ge­richt habe keine ausrei­chenden Feststel­lungen getroffen, die den Schluss recht­fer­tigten, dem allge­meinen Publikum sei die Bezeichnung “GRY” als Firmen­schlagwort der (vorma­ligen) Marken­in­ha­berin im allge­meinen unbekannt. Die Marken­in­ha­berin verfüge über 23 in der Benutzung befind­liche Präparate, die nach dem gleichen Muster mit dem Bestandteil “GRY” gebildet seien. Der Endver­braucher, der diese Präparate einnehme oder anwende, erkenne die Marken­in­ha­berin und den Bestandteil “GRY” der vollstän­digen Herstellerangabe.

(1) Zu der Benutzung der mit dem Bestandteil “GRY” gebil­deten Marken und der (vorma­ligen) Unter­neh­mens­be­zeichnung “GRY-Pharma GmbH” im Inland hat die Wider­spre­chende in den Tatsa­chen­in­stanzen nichts vorge­tragen. Es ist auch sonst nichts dafür geltend gemacht oder ersichtlich, dass die mit dem Bestandteil “GRY” gebil­deten Marken und die in Rede stehende Unter­neh­mens­be­zeichnung während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt präsent gewesen und jedermann gegen­über­ge­treten sind. Entspre­chender Vortrag hierzu war aber erfor­derlich, weil die Wider­spre­chende auch im Rahmen der Amtser­mittlung nach § 73 Abs. 1 MarkenG eine Mitwir­kungs­pflicht trifft (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1987 — I ZB 9/86, GRUR 1988, 211, 212 — Wie hammas denn?; BGH, GRUR 2008, 909 Rn. 35 — Pantogast). Ohne konkrete Anhalts­punkte dafür, dass die mit dem Bestandteil “GRY” gebil­deten Marken und die (vormalige) Unter­neh­mens­be­zeichnung der Marken­in­ha­berin in einem so nennens­werten Umfang auf dem Markt präsent waren, dass sie die Verkehrs­an­schauung des Durch­schnitts­ver­brau­chers beein­flussten, konnte das Bundes­pa­tent­ge­richt davon ausgehen, dass für das allge­meine Publikum der Bestandteil “GRY” in der jüngeren zusam­men­ge­setzten Marke nicht als Firmen­schlagwort der Marken­in­ha­berin erkennbar war. Für ihre gegen­teilige Auffassung beruft sich die Rechts­be­schwerde ohne Erfolg auf dieje­nigen Endver­braucher, die die Präparate der Marken­in­ha­berin einnehmen oder anwenden und denen deshalb das Unter­neh­mens­schlagwort “GRY” der Marken­in­ha­berin bekannt ist. Dazu, wie umfang­reich dieser Kreis der Endver­braucher ist, hat das Bundes­pa­tent­ge­richt keine Feststel­lungen getroffen, ohne dass die Rechts­be­schwerde Vortrag der Marken­in­ha­berin hierzu als übergangen rügt. Es kann deshalb nicht davon ausge­gangen werden, dass dieser Teil so umfänglich ist, dass er das Verständnis des durch­schnitt­lichen Angehö­rigen der allge­meinen Verkehrs­kreise beeinflusst.

(2) Anders als die Rechts­be­schwerde meint, hat der Verkehr auch nicht wegen der grafi­schen Hervor­hebung des Bestand­teils “GRY” in der angegrif­fenen Marke durch die Schreib­weise in Großbuch­staben Veran­lassung, darin das Firmen­schlagwort der Marken­in­ha­berin zu sehen. Die Rechts­be­schwerde zeigt schon nicht auf, dass die Wider­spre­chende ein entspre­chendes Verkehrs­ver­ständnis in den Tatsa­chen­in­stanzen geltend gemacht hat.

cc) Ohne Erfolg wendet sich die Rechts­be­schwerde auch gegen die Annahme des Bundes­pa­tent­ge­richts, das medizi­nische Fachpu­blikum werde den Bestandteil “GRY” in der jüngeren Marke ebenfalls nicht vernach­läs­sigen. Die Annahme des Tatrichters, wegen der beschrei­benden Anlehnung des Zeichen­be­stand­teils “Melox” an den älteren Marke überein­stim­mender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine “Meloxicam” werde der Fachverkehr, dem die (vormalige) Unter­neh­mens­be­zeichnung der Marken­in­ha­berin bekannt sei, den Bestandteil “GRY” nicht vernach­läs­sigen, lässt keinen Rechts­fehler erkennen.

dd) Vernach­läs­sigen die angespro­chenen Verkehrs­kreise danach den Bestandteil “GRY” der jüngeren Marke nicht, kommt diesem Bestandteil nach den zutref­fenden Ausfüh­rungen des Bundes­pa­tent­ge­richts eine das Gesamt­zeichen mitprä­gende Bedeutung zu.

c) Zu Recht ist das Bundes­pa­tent­ge­richt danach davon ausge­gangen, dass die Zeichen­ähn­lichkeit zwischen “Maalox” und “Melox-GRY” im Hinblick auf die unter­schied­lichen Vokale “aa” und “e” der Anfangs­silben der Wörter “Maalox” und “Melox” in den kolli­die­renden Marken und den zusätzlich den Gesamt­ein­druck der jüngeren Marke mitprä­genden Bestandteil “GRY” zu gering ist, um in Anbetracht normaler Waren­ähn­lichkeit und durch­schnitt­licher Kennzeich­nungs­kraft der Wider­spruchs­marke eine unmit­telbare Verwechs­lungs­gefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu begründen.

5. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Rechts­be­schwerde, die sich dagegen richten, dass das Bundes­pa­tent­ge­richt eine Verwechs­lungs­gefahr im weiteren Sinn verneint hat.

a) Eine Verwechs­lungs­gefahr im weiteren Sinn liegt vor, wenn ein mit der komplexe Marke aufge­nommen wird, in der er neben einem Unter­neh­mens­kenn­zeichen oder Serien­zeichen eine selbständig kennzeich­nende Stellung behält, und wenn wegen der Überein­stimmung dieses Bestand­teils mit der älteren Marke bei den angespro­chenen Verkehrs­kreisen der Eindruck hervor­ge­rufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienst­leis­tungen aus wirtschaftlich mitein­ander verbun­denen Unter­nehmen stammen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rn. 31 — THOMSON LIFE; Urteil vom 24. Juni 2010 ­ C‑51/09, GRUR 2010, 933 Rn. 34 ­ Barbara Becker; BGH, Urteil vom 3. April 2008 — I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 33 = WRP 2008, 1434 — Schuhpark; Urteil vom 2. Dezember 2009 — I ZR 44/07, GRUR 2010, 646 Rn. 15 = WRP 2010, 893 — OFFROAD). Das setzt aber voraus, dass der Verkehr aufgrund beson­derer Umstände Veran­lassung hat, das zusam­men­ge­setzte Zeichen zerglie­dernd und nicht als einheit­liche Bezeichnung aufzu­fassen (vgl. BGH, GRUR 2010, 729 Rn. 34 — MIXI).

b) Der durch­schnitt­liche Angehörige der angespro­chenen Verkehrs­kreise hat keine Veran­lassung, von wirtschaft­lichen oder organi­sa­to­ri­schen Verbin­dungen zwischen den Marken­in­ha­be­rinnen auszu­gehen. Das gilt sowohl für das allge­meine Publikum (Endver­braucher) als auch für die Fachkreise (Ärzte und Apotheker).

aa) Das Bundes­pa­tent­ge­richt ist zu Recht davon ausge­gangen, für das allge­meine Publikum sei nicht erkennbar, dass der Bestandteil “GRY” das Firmen­schlagwort der Marken­in­ha­berin sei (dazu Rn. 19 ff.). Es hatte deshalb auch keinen Grund, von einer selbständig kennzeich­nenden Stellung der Bestand­teile “Melox” und “GRY” der jüngeren Marke auszugehen.

bb) Entgegen der Ansicht der Rechts­be­schwerde war das Bundes­pa­tent­ge­richt auch nicht gehindert, eine Verwechs­lungs­gefahr im weiteren Sinn zwischen den kolli­die­renden Marken im Zusam­menhang mit dem medizi­ni­schen Fachpu­blikum zu verneinen. Zwar erkennt dieser Teil der angespro­chenen Verkehrs­kreise, dass der Zeichen­be­standteil “GRY” das (vormalige) Firmen­schlagwort der Marken­in­ha­berin ist. Das Fachpu­blikum hat aber keine Veran­lassung von wirtschaft­lichen oder organi­sa­to­ri­schen Verbin­dungen zwischen den Unter­nehmen auszu­gehen, die Inhaber der kolli­die­renden Marken sind. Dies hat das Bundes­pa­tent­ge­richt zutreffend daraus gefolgert, dass die Wider­spruchs­marke sich nicht in identi­scher Form, sondern wegen der verschie­denen Vokale der Anfangs­silben der Marken nur mit einer deutlichen Abwei­chung in dem Zeichen­be­standteil “Melox” wieder­findet und zwischen den beanspruchten Waren lediglich durch­schnitt­liche Waren­ähn­lichkeit besteht. Hinzu kommt der für das Fachpu­blikum offen­sicht­liche Unter­schied bei der Marken­bildung der kolli­die­renden Zeichen. Während der Bestandteil “Melox” an den INN “Meloxican” angelehnt ist, ist die Wider­spruchs­marke ein Phantasiebegriff.

 

IV. Die Kosten­ent­scheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.