Auf nach Malle im Sommer 2020 oder zur nächsten Malle-Party

Sommer, Sonne, Malle! Das sind drei Worte, von denen sich in diesen Tagen und Wochen buchstäblich Tausende deutsche Urlauber begeistern lassen. Gemeint ist der diesjährige Sommer­urlaub auf der spani­schen Mittelmeerinsel.

Mallorca, unter den deutschen Touristen auch etwas liebevoll „Malle“ genannt, ist regel­mäßig Namens­ge­berin von Musik-Sampler, Veran­stal­tungen und Parties, die den Urlaubs­flair und die gute Laune von der Insel nach Deutschland bringen sollen.

Schon seit vielen Jahren ist Malle unter Millionen Deutschen ein fester Begriff. Er steht, wie es heißt, für des Deutschen liebste Urlaubs­insel im Mittelmeer.

Der Duden kennt für Malle mehrere Defini­tionen, und zwar:

  • in der Seemanns­sprache: plötzlich aus einer anderen Richtung kommend weil vom Winde umspielt
  • im umgangs­sprach­lichen Gebrauch: durch­ein­ander, verrückt, verwirrt, töricht, närrisch,
  • Kurzwort für Mallorca als größte Baleareninsel

Der Eintrag im Duden als  maßgeb­liches deutsches Recht­schreib­wör­terbuch hat zwar keine unmit­telbare recht­liche Bedeutung, ist aber ein klares Indiz für den allge­meinen Sprach­ge­brauch und die Verwendung von Wörtern und deren Bedeutung in der Bevölkerung.

Trotz der Eintragung im Duden kann die Nutzung der Bezeichnung „Malle“ zu gewerb­lichen oder kommer­zi­ellen Zwecken kritisch und rechts­widrig sein, wie einige Musik- und Party­ver­an­stalter letztes Jahr schmerzhaft erfahren mussten, als eine Abmahn­welle durch die Party­szene schwappte.

Der Unter­nehmer Jörg Lück, Inhaber der Firma Discovery Music, mit Firmensitz in der nordrhein-westfä­li­schen Stadt Hilden bei Düsseldorf, hat im Jahr 2001 das Wort „Malle“ als deutsche Wort- und Bildmarke sowie ein Jahr später als europäische Wortmarke regis­trieren und insofern schützen lassen.

Dieser „Malle-Schutz“ gilt für die folgenden Waren und Dienstleistungen:

  • Klasse 9 – Aufge­zeichnete Dateien wie Tonträger, Daten­banken, bespielte Medien, …..
  • Klasse 35 – Werbung, Marketing, Verkaufsförderung,
  • Klasse 38 – Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­dienste wie Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen,
  • Klasse 41 – Bildung, Erziehung, Unter­haltung, sport­liche Aktivi­täten bis hin zu Diskothek, Party, Audio-Dateien-Produktion.

Damit war die europa­weite Rechts­grundlage geschaffen, um „Malle“ exklusiv nutzen und lizen­zieren zu können. Die gewerb­liche Nutzung lag seitdem und liegt bis heute bei dem Unter­nehmer Jörg Lück. Der tat und tut viel, um seine Malle-Rechte zu wahren und hat mehrere Abmah­nungen versandt — zum Leidwesen aller, die den Begriff Malle gewerblich nutzen möchten, respektive genutzt haben.

Bereits frühzeitig haben Dritte versucht, Marken­re­gis­trie­rungen, die die Bezeichnung „Malle“ zu monopo­li­sieren versuchten, anzugreifen und zu löschen. So musste sich das Bundes­pa­tent­ge­richt (BPatG) bereits im Jahr 2005 mit der Frage befassen, ob die Bezeichnung „Malle für alle“ schutz­fähig ist und überhaupt in das Register beim DPMA einge­tragen werden durfte. Das BPatG hat in seiner Entscheidung im Juli 2005 festge­stellt und ausführlich begründet, dass und warum die Wortmarke „Malle für alle“ regis­triert werden durfte und nicht gelöscht werden musste. Damit wurde ein anders­lau­tender Beschluss des Deutschen Patent- und Marken­amtes zu dieser Marke für die Dienst­leis­tungs­klasse 41 aus dem Vorjahr aufgehoben.

Das sind die Essen­tials der damaligen Entscheidung

  • Die Wortfolge „Malle für alle“ erfüllt im Umkehr­schluss von § 8 Absatz 2 Nr. 1 Marken­gesetz die Voraus­set­zungen zur Unter­scheidung für Waren und Dienstleistungen.
  • Dem Gerichts­be­schluss wurde die Feststellung zugrun­de­gelegt, dass es sich bei „Malle“ um einen Sprach­ge­brauch der sogenannten Ballermann-Touristen als eine Bevöl­ke­rungs-Randgruppe handele.
  • Ballermann-Tourismus sei eine Proll-Sprache, die von seriösen Reise­ver­an­staltern eher ge- und vermieden werde, ebenso wie der Begriff Malle von den einhei­mi­schen Mallorquinern.
  • „Malle für alle“ sei keine konkrete Dienstleistungsbeschreibung.
  • Bei „Malle für alle“ handele es sich um keine von einem Reise­ver­an­stalter angebotene Dienstleistung.

Soweit ist die Entscheidung des BpatG zu einer ähnlichen Marke in der Vergan­genheit, zumindest aus heutiger Sicht nicht nachvoll­ziehbar und leicht abgehoben.

Nachdem sich der Rechte­inhaber Jörg Lück juris­tisch mit Abmah­nungen nebst Unter­las­sungs­er­klä­rungen und Rechts­an­walts­kosten gegen die aus seiner Sicht rechts­widrige Nutzung des geschützten Namens „Malle“ gewehrt hatte, kam es vor dem Landge­richt Düsseldorf zu einem ersten Showdown mit dem abgemahnten Unter­nehmen Reisetiger.net aus Stade. In dem Urteil aus November 2019 entschied die 8. Kammer für Handels­sachen zugunsten des Rechte­inhabers Lück und unter­sagte dem Gegner die weitere Verwendung der Bezeichnung „Malle“. Die Richter begrün­deten Ihre Entscheidung im Kern wie folgt:

  • Es handele sich um eine „Unions­marke“ mit Rechtsbestand.
  • Ungeachtet eines seit Februar 2019 beim EUIPO vorlie­genden Löschungs­an­trages sei die Unions­marke zum Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtsgültig.
  • Die Wortmarke sei auch deswegen und solange schutz­fähig, bis gerichtlich festge­stellt werde, dass sie eine geogra­phische Bezeichnung für die Insel Mallorca war, als die Wortmarke im Jahr 2002 einge­tragen worden ist. Wäre sie eine geogra­phische Bezeichnung gewesen, dann hätte sie als solche gar nicht einge­tragen werden dürfen.

Damit haben die Richter richtig entschieden, denn sie sind bei solchen Verfahren an die Regis­terlage einer Marke gebunden. Ist diese als Wortmarke regis­triert, muss das Gericht davon ausgehen, dass diese Zeichen­folge schutz­fähig ist und monopo­li­siert werden kann. Gleich­zeitig hat das Gericht auch den Lösungsweg aufge­zeigt – der Bestand der regis­trierten Marke muss beseitigt werden, beispiels­weise durch einen entspre­chenden Löschungsantrag.

Diesen Weg ist ein von einer Abmahnung betrof­fenes Unter­nehmen, die R.H. Investment UG (haftungs­be­schränkt) gegangen und hat im Jahr 2019 einen Antrag auf Nichtigkeit beim EUIPO gestellt. Diesen Antrag hat das EUIPO im Mai 2020 statt­ge­geben, die Wortmarke „Malle“ für nichtig erklärt und seine Entscheidung wie folgt begründet.

Die Wortmarke wird gelöscht, weil „Malle“ ein Wort aus dem allge­meinen Standard-Sprach­ge­brauch sei. Insbe­sondere deutsch­spra­chige und deutsche Touristen verwenden „Malle“ eindeutig und zweifelsfrei als geogra­phi­schen Hinweis auf die Insel Mallorca. Dem konnte auch das Argument des Marken­in­habers, es handele sich nur um ein umgangs­sprach­liches Wort, nicht abhelfen.

Die Wortmarke sei von Beginn an überhaupt nicht schutz­fähig gewesen, weil sie nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. C Gemein­schafts­mar­ken­ver­ordnung (GMV)„…..der geogra­fi­schen Herkunft diene …..“ und auf Mallorca verweise.

Diese erst wenige Wochen alte Entscheidung ist noch nicht rechts­kräftig und der Marken­in­haber könnte noch Beschwerde einlegen. Es dürfte aber schwer werden, die Beschwer­de­kammer davon zu überzeugen, dass die schlüssige Entscheidung des EUIPO fehlerhaft ist.

Sobald die Entscheidung des Amtes rechts­kräftig wird, können gewerb­liche Nutzer ihre Party wieder „Malle Party“ nennen oder entspre­chende Party­musik unter diesem Namen heraus­bringen. Leider besteht somit noch etwas Rechts­un­si­cherheit, solange die Frist für die Beschwerde am 18. Juli 2020 nicht verstrichen ist, ohne dass vom Marken­in­haber Rechts­mittel eingelegt wurde.

Zudem gibt es auch noch eine deutsche Marke, die zwar als Wort-/Bild­marke regis­triert ist, aber nur aus den Buchstaben besteht. Gegen diese läuft vor dem Landge­richt Düsseldorf eine Löschungs­klage. Wann dort eine Entscheidung fällt, ist noch offen. Aller­dings stehen die Chancen gut, dass diese ähnlich ausfällt, wie die des EUIPO.

Für den Party­sommer 2020 sollten Veran­stalter und Management auf die nicht geneh­migte Benutzung der – noch – Wortmarke Malle verzichten oder sich zumindest des verblei­benden Risikos bewusst sein. Ob der Marken­in­haber Lück aufgrund der aktuellen Entscheidung noch Abmah­nungen ausspricht und sich so eventu­ellen Regress­an­sprüchen aussetzt, kann nicht beurteilt werden, klug wäre es jeden­falls nicht.

Die Chancen stehen gut, dass es für zukünftige Party­sommer keinen Malle-Schutz zu Gunsten eines Marken­in­habers mehr geben wird und somit Veran­stal­tungen diese Bezeichnung unpro­ble­ma­tisch nutzen können.

Insofern ist im Endeffekt der Malle Party­sommer doch gerettet, wenn auch mit etwas Verspätung.