BIO-Lebens­mittel-Online­shops müssen durch eine zuständige Öko-Kontroll­stelle zerti­fi­ziert sein

In einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richtes Frankfurt am Main (Urteil vom 30.09.2014, Az. 14 U 201/13) hat dieses in einem von der Wettbe­werbs­zen­trale geführten Verfahren entschieden, dass Online-Händler mit Bio-Lebens­mittel im Sortiment eine Zerti­fi­zierung durch eine zuständige Öko-Kontroll­stelle nach Art. 27 EG-Öko-Verordnung benötigen.

Betroffen war ein Onlineshop, der BIO-Gewürze vertrieb und keine Zerti­fi­zierung aufweisen konnte. Die Wettbe­werbs­zen­trale hatte diesen BIO-Händler abgemahnt und nach dem keine Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben wurde, die Unter­las­sungs­an­sprüche in einem Haupt­sa­che­ver­fahren weiter­ver­folgt. Das Landge­richt Fulda war der Wettbe­werbs­zen­trale nicht gefolgt und hatte die Unter­las­sungs­an­sprüche zurück­ge­wiesen. Diese Einschätzung wurde vom OLG Frankfurt am Main im Berufungs­ver­fahren nicht geteilt und der Klage der Wettbe­werbs­zen­trale statt­ge­geben. Das OLG hat aufgrund der grund­sätz­lichen Bedeutung der Sache die Revision zum BGH zugelassen, womit die Entscheidung noch nicht ganz endgültig ist.
Die entschei­dende Norm für das Verfahren ist Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeug­nissen (EG-Öko-Verordnung).

„Jeder Unter­nehmer, der Erzeug­nisse im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 erzeugt, aufbe­reitet, lagert, aus einem Drittland einführt oder in Verkehr bringt, ist verpflichtet, vor dem Inver­kehr­bringen von jeglichen Erzeug­nissen als ökologische/biologische Erzeug­nisse oder als Umstellungserzeugnisse
a) seine Tätigkeit den zustän­digen Behörden des Mitglied­staats, in dem diese Tätigkeit ausgeübt wird, zu melden;
b) sein Unter­nehmen dem Kontroll­system nach Artikel 27 zu unterstellen.“

Entspre­chend dieser Norm muss sich auch der Einzel­handel zerti­fi­zieren lassen. Aber Deutschland hat von der in Absatz 2 ermög­lichten Erleich­terung Gebrauch gemacht und dies in § 3 Abs. 2 Öko-Landbau­gesetz (ÖLG) umgesetzt.

„Unter­nehmer, die Erzeug­nisse im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 als ökologische/biologische Erzeug­nisse oder Umstel­lungs­er­zeug­nisse direkt an Endver­braucher oder ‑nutzer abgeben, sind von dem Einhalten der Pflichten nach Artikel 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 freige­stellt, soweit sie diese Erzeug­nisse nicht selbst erzeugen oder erzeugen lassen, aufbe­reiten oder aufbe­reiten lassen, an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufs­stelle lagern oder lagern lassen oder aus einem Drittland einführen oder einführen lassen.“

Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass durch diese Vorschrift Einzel­händler von der Kontroll­pflicht entbunden werden, wenn die Erzeug­nisse direkt an Endver­braucher oder ‑nutzer verkauft werden.

Nach Ansicht der Gerichte verlangt die Formu­lierung der Geset­zesnorm „direkt“ eine direkte Verkaufs­handlung unter Anwesenheit der Endver­braucher. Damit wäre nur der stationäre Handel durch diese Norm von der Zerti­fi­zie­rungs­pflicht befreit, denn der Online­händler übergibt seine Ware nicht unmit­telbar an den Endkunden sondern lässt Sie über einen Paket­dienst zusenden.

Es bleibt abzuwarten, ob der betroffene Händler in Revision geht und der Bundes­ge­richtshof über diese Sache entscheiden kann. Mit guten Argumenten lässt sich auch vertreten, dass die Online-Händler genauso wie die statio­nären Händler die vorge­sehene Ausnah­me­re­gelung für sich in Anspruch nehmen können, ggfs. muss hier der Gesetz­geber für Klarheit sorgen.

Bis dahin besteht hier ein erheb­liches Risiko für Online­shops mit BIO-Lebens­mittel von der Wettbe­werbs­zen­trale oder Mitbe­werbern abgemahnt zu werden.