Die Folgen des Brexits auf Unionsmarken

Die Bürger Großbri­tan­niens haben sich mehrheitlich für den Ausstieg aus der EU entschieden. Man mag davon halten was man will, aber die Folgen sind gerade für Unter­nehmen sehr weitrei­chend und der Bereich der Schutz­rechte ist davon nicht auszunehmen,

Das Verei­nigte König­reich hat am 29. März 2017 die Notifi­zierung seiner Absicht, gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union aus der Union auszu­treten, übermittelt. Dies bedeutet, dass das gesamte Primär- und Sekun­där­recht der Union ab dem 30. März 2019, 00:00 Uhr (MEZ), auf das Verei­nigte König­reich keine Anwendung mehr findet, es sei denn, eine Verein­barung der verblei­benden Mitglied­staaten mit Großbri­tannien regelt etwas anderes. Bisher gibt es zwar einzelne Entwürfe, aber noch keine abschlie­ßende Verein­barung. Daher wird im Folgenden darge­stellt, was nach der aktuellen Rechtslage der Brexit für Unions­schutz­rechte bedeutet.

  1. Inhaber­schaft einer Unionsmarke

Auch britische Staats­bürger oder Unter­nehmen können nach dem Austritt aus der EU Inhaber einer Unions­marke sein, oder eine solche anmelden.

  1. Schutz­umfang von Unionsmarken

Unions­marken haben nach dem Austritt Großbri­tan­niens keinen Schutz. Mit dem Wirksam­werden des Austritts werden Unions­marken, die vor diesem Datum einge­tragen wurden, im Verei­nigten König­reich nicht mehr geschützt sein und zukünftige Anmel­dungen auch keinen Schutz für das Gebiet Großbri­tan­niens erlangen.

Da die EU-Marken­ver­ordnung in der aktuellen Fassung keine Möglichkeit für eine “teilweise Umwandlung” einer Unions­marke vorsieht, kann eine Unions­marke nicht in eine britische Marke als Ergänzung zur Unions­marke umgewandelt werden. Eine solche Umwandlung ist auch nicht rückwirkend (d.h. zum Zeitpunkt des Austritts) möglich. Folglich können EU-Marken und EU-Marken­an­mel­dungen, die vor, am oder nach dem Wider­rufs­datum einge­reicht wurden, nicht in britische Marken­an­mel­dungen umgewandelt werden, wenn der Umwand­lungs­antrag nach diesem Datum gestellt wurde.

Entschei­dungen eines Unions­mar­ken­ge­richtes zum Zeitpunkt des Austritts gelten nur für das Gebiet der verblei­benden EU-Mitglied­staaten (Art. 121(2) EU-Marken­ver­ordnung). Solche Maßnahmen haben im Verei­nigten König­reich auf der Grundlage des EU-Rechts keine Wirkung mehr.

Maßnahmen, die von einem Unions­mar­ken­ge­richt getroffen wurden oder zum Zeitpunkt der Rücknahme rechts­kräftig werden und die sich auf Verlet­zungs­hand­lungen beziehen, die vor dem Zeitpunkt der Rücknahme begangen wurden, sind im Verei­nigten König­reich nur unter den Bedin­gungen des natio­nalen (inter­na­tio­nalen Privat-)Rechts durchsetzbar.

Ab dem Austritts­datum sind die briti­schen Gerichte nicht mehr befugt, Maßnahmen mit Wirkung für die EU oder die Gültigkeit von Unions­marken zu ergreifen.

  1. Aufrecht­erhaltung der Unionsmarken

Eine Marke muss nach der Benut­zungs­schon­frist marken­mäßig benutzt werden. Dafür genügt es in der Regel, wenn die Marke in einem der Mitglied­staaten verwendet wird, insbe­sondere war die Benutzung in Großbri­tannien bisher dafür ausrei­chend. Ab dem Tag des Austrittes gilt dies aber nicht mehr als Benutzung “in der EU” (oder für Ausfuhren aus der EU in Dritt­länder, Art. 18(1) EU-Marken­ver­ordnung). Die Benutzung der Unions­marke im Verei­nigten König­reich zum Zeitpunkt des Austritts zählt nicht für die Aufrecht­erhaltung der Unionmarke.

Die Benutzung der Unions­marke in Großbri­tannien vor dem Austritt stellt grund­sätzlich eine Benutzung “in der EU” dar, denn so lange war das Land EU-Mitgliedstaat.

  1. Vertretung vor dem EUIPO

Für die Anmeldung einer Unions­marke ist keine Vertretung erfor­derlich und können daher auch von in Großbri­tannien ansäs­sigen Personen oder deren Mitar­beiter vorge­nommen werden. Aber da für alle über den Antrag auf Eintragung einer Unions­marke hinaus­ge­henden Handlungen Personen ohne Wohnsitz, Haupt­nie­der­lassung oder tatsäch­liche Nieder­lassung in der EU eine Vertretung erfor­derlich ist, kommt dieser Perso­nen­kreis nicht ohne einen Vertreter mit Sitz in der Europäi­schen Union aus. Auch britische Rechts­an­wälte die nicht zusätzlich noch eine Zulassung als Rechts­anwalt in einem anderen EU-Mitglied­staaten haben, können dann nicht mehr als Vertreter fungieren.

  1. Priori­täts­an­sprüche

Die Priorität (sechs Monate nach dem Anmel­detag) einer Marke, die in jedem Staat der Pariser Verbands­über­ein­kunft und des WTO-Überein­kommens ordnungs­gemäß angemeldet wurde, kann für Unions­mar­ken­an­mel­dungen in Anspruch genommen werden. Die Priorität einer briti­schen Marke kann somit für eine Unions­marke auch nach dem Tag des Austrittes in Anspruch genommen werden.

  1. Absolute Ableh­nungs- und Nichtigkeitsgründe

Da Englisch die (zweite) Amtssprache zweier EU-Mitglied­staaten (Irland und Malta) ist und darüber hinaus englische Begriffe einem großen Teil der maßgeb­lichen Verkehrs­kreise in anderen EU-Mitglied­staaten aufgrund ihrer weit verbrei­teten Verwendung im Handel und in der Werbung oft vertraut sind, kann auch nach dem Austritt Großbri­tan­niens eine angemeldete Unions­marke aufgrund absoluter Eintra­gungs­hin­der­nissen zurück­ge­wiesen oder für nichtig erklärt werden wenn aufgrund ihrer Bedeutung in engli­scher Sprache ein beschrei­bender Charakter gegeben ist.

Sollte aber bei einer zum Zeitpunkt des Austritts angemel­deten Unions­marke nur im Verei­nigten König­reich ein absolutes Eintra­gungs­hin­dernis bestehen, wird sie weder zurück­ge­wiesen noch für nichtig erklärt.

Die durch die Benutzung im Verei­nigten König­reich erworbene Unter­schei­dungs­kraft ist für Unions­marken ab dem Zeitpunkt des Austrittes nicht mehr relevant, denn die erworbene Unter­schei­dungs­kraft einer Marke muss in dem Teil der EU nachge­wiesen werden, der von der fehlenden Unter­schei­dungs­kraft der EU-Marken­an­meldung betroffen ist.

  1. Relative Ableh­nungs- und Nichtigkeitsgründe

Wie bereits dargelegt ist Englisch auch ohne Großbri­tannien Amtssprache zweier EU-Mitglied­staaten und zudem weit verbreitet und vertraut, daher kann die Wahrnehmung der englisch­spra­chigen Öffent­lichkeit für die Feststellung eines relativen Ableh­nungs­grundes (z.B. Verwechs­lungs­gefahr) relevant sein.

Ab dem Austritts­datum können ältere, im Verei­nigten König­reich geschützte Marken in Verfahren gegen Unions­marken oder Marken­an­mel­dungen, die vor, am oder nach dem Austritts­datum einge­reicht wurden, nicht mehr geltend gemacht werden. Dies gilt auch für (anhängige) Verfahren, die vor dem Zeitpunkt des Austritts einge­leitet wurden: Frühere Rechte müssen ihre Wirkung in der EU zu dem Zeitpunkt entfalten, zu dem das Amt für geistiges Eigentum der EU über den Wider­spruch oder den Antrag auf Nichtigkeit aus relativen Gründen entscheidet.

Ab dem Austritts­datum führen nur im Verei­nigten König­reich bestehende relative Eintra­gungs­hin­der­nisse nicht zur Zurück­weisung einer EU-Marken­an­meldung oder zur Nichtig­erklärung einer einge­tra­genen EU-Marke.

Für Inhaber von Unions­marken, die Ihren Sitz in einem der verblei­benden EU-Mitglieds­staaten haben, ändert sich lediglich der terri­to­riale Schutz und ggfs. die Anfor­de­rungen an die Benutzung der Marke. Schutz­hin­der­nisse die in Großbri­tannien liegen oder britische Schutz­rechte haben dagegen keine Auswir­kungen mehr auf Unions­marken oder Anmel­dungen, insbe­sondere kann aus briti­schen Marken oder Unter­neh­mens­kenn­zeichen nicht mehr gegen Unions­marken vorge­gangen werden. Für britische Unter­nehmen und Bürger wird der Aufwand für die Anmeldung und den Erhalt der Unions­marke aller­dings höher.

Entscheidend wird letztlich, ob es eine vertrag­liche Verein­barung über den Austritt zwischen Großbri­tannien und dem Rest der EU gibt oder ob es ein harter Austritt wird, letzteres würde oben geschil­derten Folgen haben.