HABM EU-Markenamt

linsen butler ./. Brillenbutler

Sachverhalt

Mit Anmeldung vom 12. Mai 2011 beantragte Wolfgang Buttler („der Anmelder“) die Eintragung der Wortmarke „linsen butler“ als Gemein­schafts­marke, unter anderem für folgende Waren („die verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Waren“):

Klasse 9

Kontakt­linsen; Sonnen­brillen; Brillen; Brillen­fas­sungen, ‑gestelle; Brillenetuis. 

Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemein­schafts­marke n Nr. 108/2011 vom 9. Juni 2011 veröffentlicht.

Die Wagner & Kühner GmbH („die Wider­spre­chende“) legte am 6. September 2011 gegen die Eintragung der angemel­deten Marke unter anderem für die verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Waren Wider­spruch auf Grundlage von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV ein. Sie stützte ihren Wider­spruch auf die Gemein­schafts­marke Nr. 9 015 462 Brillen­butler angemeldet am 9. April 2010 und einge­tragen am 21. Oktober 2010, für folgende Waren, auf denen der Wider­spruch beruht:

Klasse 9

Brillen­ge­stelle, Sonnenbrillen.

Mit Entscheidung vom 3. Juli 2012 („die angefochten e Entscheidung“) gab die Wider­spruchs­ab­teilung dem Wider­spruch hinsichtlich der verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Waren statt. Sie stützte sich dabei ins besondere auf folgende Gründe:

  • Die „Sonnen­brillen; Brillen; Brillen­fas­sungen, ‑gestelle“ des Anmelders sind identisch zu den Waren der Wider­spre­chenden in Klasse 9.
  • Die angefoch­tenen „Brillen­etuis“ sind hochgradig ähnlich zu den „Sonnen­brillen“ der älteren Marke, da sie komple­mentär sind, die gleichen Vertriebswege haben und sich auch an die gleichen Verbraucher richten. Dies gilt auch für die angefoch­tenen Waren „Kontakt­linsen“, die zudem noch den gleichen Zweck wie „Sonnen­brillen“ erfüllen und zu denen sie in einem Substi­tu­ti­ons­ver­hältnis stehen.
  • Die Waren richten sich an die breite Öffent­lichkeit der EU, die eine durch­schnitt­liche Aufmerk­samkeit vorweist.
  • Die Zeichen sind schrift­bildlich aufgrund der gemein­samen Buchstaben „enbutler“ ähnlich.

Die Zeichen haben dieselbe Vokal­struktur und Silben­anzahl, wobei die letzten zwei Silben identisch sind.

  • Für den deutsch­spra­chigen Verbraucher sind die erst en Wortele­mente der Zeichen, jeweils „Brille“ und „linsen“ seman­tisch unähnlich, während eine begriff­liche Verbindung aufgrund des letzten Wortele­ments „Butler“ besteht. Die restlichen Verbraucher werden in der älteren Marke einen bedeu­tungs­losen Phanta­sie­be­griff erkennen.
  • Für den deutsch­spra­chigen Verbraucher ist der Ausdruck „butler“ in den Marken das kennzeich­nungs­kräf­tigste Element, da die jeweils ersten Elemente für die Waren beschreibend sind. Die übrig en Verbraucher der EU werden keine Elemente als eindeutig kennzeich­nungs­kräf­tiger erkennen.
  • Die ältere Marke weist eine durch­schnitt­liche Kennzeich­nungs­kraft auf.
  • Aufgrund der durch den gemein­samen Begriff „butler“ hervor­ge­ru­fenen seman­ti­schen Verbindung und der identi­schen bzw. sehr ähnlichen Waren, besteht für diese Waren für das deutsch­spra­chige Publikum eine Verwechslungsgefahr.

Der Anmelder legte am 30. August 2012 Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung ein, die er am 12. Oktober 2012 begründete.

Die Beschwerde wurde der Beschwer­de­kammer gemäß Artikel 62 GMV vorgelegt, nachdem ihr die Wider­spruchs­ab­teilung nicht abgeholfen hat.

Die Wider­spre­chende nahm am 10. Dezember 2012 Stellung zur Beschwerde.

Vorträge der Parteien

Der Anmelder beantragt die Aufhebung der angefoch­tenen Entscheidung insofern als dem Wider­spruch für die verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Waren statt­ge­geben wurde. Seine Beschwer­de­be­gründung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Der Marken­be­standteil „butler“ ist nicht prägend. Mehrere Marken beinhalten dieses Wort, das lediglich einen beschrei­benden Inhalt hat, i.S.v. „Helfer“ bzw. von „Sehhilfen“ in den vorlie­genden Z eichen. Wortbil­dungen mit „butler“ sind von geringer Originalität.
  • Die ersten Bestand­teile „Brillen“ bzw. „linsen“ können nicht vernach­lässigt werden. Sie stehen voran und bilden eine begriff­liche Einheit mit dem zweiten Wortelement.
  • Die Wider­spruchs­marke ist nur aus einem Wort gebildet und darf nicht verkürzt werden. Insbe­sondere tritt „butler“ darin nicht als eigen­stän­diger Zeichen­be­standteil hervor. Die Kombi­nation zweier Elemente verschie­dener Sprachen ist prägend für den Gesamteindruck.
  • Unter Beachtung des Gesamt­ein­drucks liegt keine Verwechs­lungs­gefahr vor.
  • Die Wider­spre­chende stellt im Wesent­lichen fest, dass die angefochtene Entscheidung zu Recht ergangen ist und argumen­tiert folgendes:
  • Einzelne Teile der Zeichen können prägend sein, wen n die weiteren Bestand­teile beschreibend sind.
  • Die Kombi­nation aus Worten zweier Sprachen stellt eine weitere Gemein­samkeit der Kennzeichen dar.
  • Es ist nicht nachvoll­ziehbar, warum „butler“ für di e verfah­rens­ge­gen­stän­digen Waren beschreibend sein soll. Es kann ebenfalls nicht davon ausge­gangen werden, dass „butler“ ein ständig verwen­deter Begriff ist.

Entschei­dungs­gründe

Die Beschwerde erfüllt die Anfor­de­rungen von Artikel 58, 59 und 60 GMV in Verbindung mit Regel 48 GMDV und ist daher zulässig.

Die Beschwerde ist jedoch im Hinblick auf den Antrag aus den nachste­henden Gründen unbegründet.

Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV 12. Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV ist eine angemeldete Marke auf Wider­spruch des Inhabers einer älteren Marke von de r Eintragung ausge­schlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienst­leis­tungen für das Publikum die Gefahr von Verwechs­lungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechs­lungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Der relevante Verbraucher

Was die Bestimmung der maßgeb­lichen Verbraucher betrifft, richten sich die sich gegen­über­ste­henden Waren der Klasse 9 an die breite Öffent­lichkeit, die nach der Recht­spre­chung des Gerichtshofs normal infor­miert und angemessen aufmerksam und verständig ist (siehe Urteil vom 3. September 2 009, C‑498/07 P, „La Española“, Randnr. 74). 14. Der Schutz der älteren Marke erstreckt sich auf die gesamte Europäische Union. Demnach ist die Wahrnehmung der einander gegen­über­ste­henden Marken durch den Verbraucher der fraglichen Waren in diesem Gebiet zu berücksichtigen.

Vergleich der Waren

Der Anmelder hat die Feststellung der Wider­spruchs­ab­teilung nicht bestritten, dass die verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Waren in Klasse 9 teilweise identisch und teilweise hochgradig ähnlich zu den Waren der älter en Marke in derselben Klasse sind. Dieser Feststellung wird auch seitens der Kammer nicht entgegengesprochen.

Vergleich der Zeichen

Es stehen sich zwei Wortmarken gegenüber, und zwar „linsen butler“ und „Brillen­butler“. Beide sind aus Worten zusam­men­ge­setzt, die für einen Teil der relevanten Verkehrs­kreise, nämlich die deutsch­spra­chigen Verbraucher, sofort verständlich sind. Die jewei­ligen Anfangs­be­griffe „ linsen“ und „Brillen“ kommen aus dem Bereich der Optik. Das Wort „butler“ stammt zwar aus der engli­schen Sprache, ist jedoch wie die Wider­spre­chende erwähnt, auch ein in Deutschland anerkanntes Wort für „Diener in einem vornehmen Haushalt“ (siehe Duden Online http://www.duden.de/rechtschreibung/Butler).

Angesichts des Umstands, dass die gegen­über­ste­hende n Waren aus dem Bereich der Optik stammen, werden die ersten Wortele­mente d er Zeichen, „linsen“ und „Brillen“, zumindest vom deutsch­spra­chigen Publikum als rein beschrei­bende Angaben dieser Waren wahrge­nommen. Die jewei­ligen Anfangs­wörter werden daher nicht als ein kennzeich­nungs­kräf­tiger Bestandteil der Zeichen aufgefasst.

Der gemeinsame Bestandteil „butler“ hat keinen direkten Bezug zu den gegen­über­ste­henden Waren und wird daher als origi­nelles, unter­schei­dungs- kräftiges Element in beiden Zeichen betrachtet werden. Es kann somit gefolgert werden, dass „butler“ in beiden Zeichen der dominie­rende Bestandteil ist. Dem Argument des Anmelders, dass „butler“ als „Helfer“ und demnach die Marken als „Sehhilfen“ inter­pre­tiert werden, kann nicht gefolgt werden. Eine häufige Präsenz dieses Begriffs im Bereich der Optik zu einer, wie der Anmelder vorträgt, fehlenden Origi­na­lität des Wortes führen würde, wurde ebenfalls nicht nachgewiesen.

Aus dem gemein­samen Element „butler“, der in beiden Zeichen prägend ist, ergibt sich sowohl eine visuelle, als auch eine phone­tische Ähnlichkeit. Letztere ist aufgrund der überein­stim­menden Buchsta­ben­folge „-en butler“ und der Tatsache, dass die Zeichen dieselbe Silbenzahl, Vokal­folge und Sprach­rhythmus vorweisen, als hochgradig einzustufen.

Auch in begriff­licher Hinsicht ist festzu­stellen, dass vor allem für die deutsch­spra­chigen Verkehrs­kreise die Zeichen einander sehr ähnlich sind. Der prägende Bestandteil „butler“ stimmt in beiden Zeichen als unter­schei­dungs- kräftiges Substantiv überein. Die ersten Worte „linsen“ und „Brillen“ haben den gleichen beschrei­benden Begriffs­inhalt für Produkte im Bereich der Optik. Somit ist die begriff­liche Struktur der Zeichen identisch, was dazu führt, dass zumindest für das deutsch­spra­chige Publikum innerhalb der EU, die gegen­über­ste­henden Zeichen begrifflich eine hochgradige Ähnlichkeit aufweisen.

Die Argumen­tation des Anmelders, dass die Zeichen als Ganzes wahrge­nommen werden müssen, ist zwar richtig, dennoch spricht de m nicht entgegen, dass Verbraucher norma­ler­weise Wortzeichen in die Wortbe­stand­teile zerlegen, die für sie eine konkrete Bedeutung haben, selbst dann, wen n ihnen nur einer der Bestand­teile bekannt ist (siehe Urteil vom 19. September 2012, T‑220/11, „F@ir Credit“, Randnr. 38).

Unter Berück­sich­tigung dieser Folge­rungen, sind zumindest für einen Teil der angespro­chenen Verkehrs­kreise die gegen­über­ste­henden Zeichen insgesamt hochgradig ähnlich.

Abwägung der Verwechslungsgefahr

Verwechs­lungs­gefahr liegt dann vor, wenn das Publik um glauben könnte, dass die betref­fenden Waren oder Dienst­leis­tungen aus demselben Unter­nehmen oder gegebe­nen­falls aus wirtschaftlich mitein­ander verbun­denen Unter­nehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechs­lungs­gefahr ist gemäß der Wahrnehmung der Zeichen und der betref­fenden Waren oder Dienst­leis­tungen durch die maßgeb­lichen Verkehrs­kreise und unter Berück­sich­tigung aller relevanten Umstände des Einzel­falls, insbe­sondere der Wechsel­be­ziehung zwischen der Zeichen­ähn­lichkeit und der Ähnlichkeit der damit gekenn­zeich­neten Waren oder Dienst­leis­tungen, zu beurteilen (siehe Urteil vom 2 8. Juni 2012, C‑306/11 P, „Linea Natura Natur hat immer Stil“, Randnr. 63).

Zwar kann, wie der Anmelder andeutet, der Anfang von Wortmarken geeignet sein, die Aufmerk­samkeit des Verbrau­chers stärker auf sich zu ziehen als die folgenden Bestand­teile. Dies gilt jedoch nicht in a llen Fällen (siehe Urteil vom 2. Februar 2012, T‑387/10, „Arantax“, Randnr. 70), insbe­sondere nicht in solchen wie diesem, in dem die Anfangs­worte für einen Teil der angespro­chenen Verkehrs­kreise bezüglich der fraglichen Waren beschreibend sind.

Die Überein­stimmung in dem dominanten Bestandteil d er Zeichen („butler“) und die Tatsache, dass die verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Waren teilweise identisch und teilweise hochgradig ähnlich sind, wird insbe­sondere für den deutsch­spra­chigen Verbraucher zu einer Verwechs­lungs­gefahr führen. Da bei ist schließlich zu beachten, dass sich dem Durch­schnitts­ver­braucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmit­telbar mitein­ander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvoll­kommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (siehe Urteil vom 18. September 2012, T‑460/11, „Bürger“, Randnr. 28).

Außerdem würde in diesem Fall, in Anbetracht der hohen phone­ti­schen und insbe­sondere begriff­lichen Ähnlichkeit der Zeichen auch wenn die deutsch­spra­chigen Verbraucher mit beiden Marken gleich­zeitig konfron­tiert werden sollten, trotzdem die Gefahr bestehen, dass sie die jüngere Marke als eine Variante der älteren Marke für Kontakt­linsen ansehe n und somit eine gedank­liche Verbindung zwischen den Zeichen herstellen.

Eine Gemein­schafts­marke ist bereits dann von der Eintragung ausge­schlossen, wenn ein relatives Eintra­gungs­hin­dernis im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV nur in einem Teil der Union vorliegt (siehe Urteil vom 18. September 2012, T‑460/11, „Bürger“, Randnr. 52). Demzu­folge wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten

Nachdem der Anmelder mit seiner Beschwerde erfolglos war, hat er gemäß Artikel 85 Absätze 1 und 2 GMV und Regel 94 Absatz 1 GMDV die Kosten der Wider­spre­chenden im Beschwer­de­ver­fahren zu tragen.

Aufgrund von Artikel 85 Absatz 6 Satz 1 GMV setzt die Beschwer­de­kammer in der Entscheidung über die Beschwerde auch die zu erstat­tenden Kosten fest, nämlich in Höhe von 550 EUR für die Kosten eines berufs­mä­ßigen Vertreters gemäß Artikel 93 Absatz 1 GMV.

Tenor der Entscheidung

Aus diesen Gründen entscheidet DIE KAMMER wie folgt:

  1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
  2. Der Anmelder hat die Kosten der Wider­spre­chenden im Beschwer­de­ver­fahren zu tragen, die auf 550 EUR festge­setzt werden.