Nutzungs­recht an einem Foto umfasst auch eine zweite Domain

Nach einer Entscheidung des AG Düsseldorf ist das Nutzungs­recht an einem Foto im Zweifel nicht überschritten, wenn der Inter­net­auf­tritt, für den das Foto gemäß der Nutzungs­ver­ein­barung bestimmt ist, von einer zweiten Domain adres­siert wird.

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsge­richt Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 05.03.2013 und nachfol­gendem schrift­lichen Verfahren bis 11.06.2013 durch … für Recht erkannt:

 

  1. Es wird festge­stellt, dass die Klägerin im Hinblick auf die Zugäng­lich­ma­chung der BI. 21–23 der Akte darge­stellten Fotos über eine zweite Webdomain ihres Inter­net­auf­trittes nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Schaden­ersatz sowie vorge­richt­liche Rechts­an­walts­kosten zu zahlen und zwar insbe­sondere nicht Schaden­ersatz in Höhe von 1.162,50 Euro zuzüglich 130,50 Euro vorge­richt­licher Rechts­an­walts­kosten wie beides mit Schreiben Kanzlei […] vom 02.11.2012 verlangt. Die Kosten des Rechts­streits hat die Beklagte zu tragen.
  2. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
  3. Der Beklagten gestattet das Gericht, die Zwangs­voll­stre­ckung gegen Sicher­heits­leistung in Höhe von 110 % des vollstreck­baren Betrages abzu­wenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangs­voll­stre­ckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstre­ckenden Betrages leistet.

Tatbe­stand

Die Klägerin befasst sich mit dem Verkauf von Textilien, die Beklagte mit der Erbringung von Dienst­leis­tungen im Foto- und Medienbereich.

Mit Vertrags­an­nahme der Beklagten vom 14.11.2011 haben die Parteien einen Vertrag geschlossen, wonach die Beklagte sich verpflichtet für die Klägerin den Inter­net­auf­tritt www.[…].de zu entwi­ckeln. Zugleich wurden fünfzehn von der Beklagten erstellte Fotos, die im Einzelnen Bl. 21ff. der Akte zu entnehmen sind, in den Inter­net­auf­tritt einge­stellt und der Klägerin hierfür das einfache Nutzungs­recht erteilt. Wörtlich heißt es in Punkt 1.4 der AGB der Beklagten: »Der Designer überträgt dem Auftrag­geber die für den jewei­ligen Zweck erfor­der­lichen Nutzungs­rechte. Soweit nichts anderes bestimmt ist, wird jeweils das einfache Nutzungs­recht übertragen…” In Punkt 2.3 heißt es: „Werden die Entwürfe später oder in größeren Umfang als ursprünglich vorge­sehen genutzt, so ist der Designer berechtigt, die Vergütung für die Nutzung nachträglich in Rechnung zu stellen bzw. die Differenz zwischen der höheren Vergütung für die Nutzung und der ursprünglich gezahlten zu verlangen.« Für das gesamte Leistungs­paket verein­barten die Parteien einen Sonder­preis in Höhe von 750 Euro.

Nachfolgend ordnete die Klägerin ihrem Inter­net­auf­tritt die weitere Domain www.[…].de zu, die ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden war. Auch über diese weitere Domain bestand Zugriff auf die von der Beklagten erstellten Fotos.

Mit Schreiben vom 10.08.2012, Bl. 15 der Akte, erläu­terte die Beklagte, dass hinsichtlich der Fotoli­zenzen für die Nutzung auf einer weiteren Webdomain ein Zuschlag von 25% auf das nutzungs­be­zogene Honorar anfalle. Mit anwalt­lichem Schreiben vom 02.11.2012 (BI. 18 der Akte) forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung des Lizenz­auf­schlages in Höhe von 25% der üblicher­weise von der Beklagten verlangten Lizenz­ge­bühren auf. Hieraus ergibt sich eine Forderung von 77,50 Euro pro Foto, mithin bei 15 Fotos 1162,50 Euro zuzüglich 130,50 Euro vorge­richt­licher Rechts­an­walts­kosten. Für die genaue Rechnungs­stellung wird auf BI. 21 der Akte Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, durch die Zuordnung einer weiteren Domain zu ihrem bestehenden Inter­net­auf­tritt ergebe sich eine Verletzung der Urheber­rechte der Beklagten nicht.

Die Klägerin beantragt,

festzu­stellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Lizenz­ge­bühren in Höhe von 1′162,50 Euro zu zahlen und / oder ihr Anwalts­ho­norare in Höhe von 130,50 Euro zu erstatten wie mit Schreiben der Kanzlei […] vom 02.11.2012 verlangt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entschei­dungs­gründe

Die Klage ist zulässig, insbe­sondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erfor­der­liche Feststel­lungs­in­teresse, weil die Beklagte die Klägerin in der geltend gemachten Höhe zur Zahlung aufge­fordert hat, sich also der Forderung berühmt.

Der Klage­antrag war im Zusam­menhang mit der Klage­be­gründung dahin­gehend auszu­legen, dass die Kläger­seite nicht lediglich begehrt festzu­stellen, dass ein Anspruch aus einem bestimmten Anwalts­schreiben in der geltend gemachten Höhe nicht besteht, sondern dass es ihr darum geht, dass aus der Zugäng­lich­ma­chung der von der Beklagten gefer­tigten Fotos über eine zweite Webdomain ein Schaden­er­satz­an­spruch insgesamt nicht gegeben ist. Auch seitens der Beklag­ten­seite ist die Klage dahin­gehend ausgelegt worden, dass die Klägerin Feststellung über das Nicht­be­stehen des gesamten Schaden­er­satz­an­spruches begehrt. Der Urteils­tenor war dieser Auslegung anzupassen.

Die Klage ist auch begründet, weil der Beklagten ein Anspruch aus § 97 UrhG auf Schaden­ersatz nicht zusteht, da eine Verletzung des Urheber­rechts der Beklagten durch die Klägerin nicht gegeben ist.

Die Klägerin war im Rahmen des ihr einge­räumten Nutzungs­rechts berechtigt, ihre Website auch über eine zweite Domain zugänglich zu machen. Dies ergibt sich aus der Auftrags­be­stä­tigung der Beklagten vom 14.11.2011, wonach die Beklagte sich verpflichtet für die Klägerin den Inter­net­auf­tritt www.[…].de zu entwi­ckeln und gemäß 1.4 der wirksam einbe­zo­genen AGB der Beklagten für den jewei­ligen Zweck erfor­der­liche einfache Nutzungs­rechte übertragen werden. Für die recht­liche Bewertung unerheblich ist das Schreiben der Beklagten vom 10.08.2012, wonach für die Nutzung auf mehr als einer Webdomain Zuschläge in Höhe von 25% auf das nutzungs­be­zogene Honorar anfallen, denn zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag zwischen den Parteien geschlossen und die Beklagte nicht mehr berechtigt, einseitig neue Vertrags­be­din­gungen zu diktieren.

In welchem Umfang eine Übertragung von Nutzungs­rechten erfolgt, ergibt sich gemäß § 31 Abs. 5 UrhG aus dem jewei­ligen Vertrags­zweck. Dabei normiert die Vorschrift zunächst, dass an den von beiden Parteien angenom­menen Zweck des Vertrages anzuknüpfen ist. Ein Zweifelssatz dahin­gehend, dass die konkrete Nutzungsart von der Rechte­ein­räumung nicht umfasst ist, besteht höchstens dann, wenn eine Auslegung am Vertrags­zweck zu keinem eindeu­tigen Ergebnis führt (Beck0K-UrhG-Soppe § 31 Rn. 94.1). Was genau der jeweilige Vertrags­zweck ist, ergibt sich entspre­chend §§ 133, 157 BGB aus Treu und Glauben unter Berück­sich­tigung der Verkehrs­an­schauung im Zeitpunkt des Vertrags­schlusses (Schricker / Loewenheim UrhG § 31 Rn. 89). Somit ergibt sich der Vertrags­zweck nicht lediglich aus dem Umfang dessen, was zur Erstellung eines Inter­net­auf­trittes zwingend erfor­derlich ist, nämlich lediglich eine Domain; sondern nach dem, was die Verkehrs­an­schauung üblicher­weise unter einem Inter­net­auf­tritt versteht. Das Wort »Inter­net­auf­tritt« ist gleich­be­deutend mit einer bestimmten Website, die üblicher­weise — auch dann, wenn mehrere Domains auf sie verweisen — im Rechts­verkehr mit einer bestimmten Haupt­domain, hier www.[…].de bezeichnet wird ähnlich wie zum Beispiel eine bekannte Internet-Suchma­schine im Rechts­verkehr als »google.de« bezeichnet wird, obwohl ihr z. B. auch die weitere Schreib­fehler-Domain »googel.de« zugewiesen ist. Die Verwendung einer konkreten Webadresse im Zusam­menhang mit dem Wort „Inter­net­auf­tritt” trifft also keine Aussage darüber, dass die Vertrags­partner davon ausge­gangen sind, dass dem Auftritt lediglich eine Domain zugeordnet werden wird; vielmehr ist der Vertrag dahin­gehend auszu­legen, dass die Klägerin durch den Vertrags­schluss in die Lage versetzt werden sollte, einen Inter­net­auf­tritt zu erlangen und diesen in gemäß Verkehrs­an­schauung üblicher Art und Weise zu nutzen. Daher war es auch erfor­derlich im Sinne von 1.4 der AGB der Beklagten, dass ihr die zu diesem Zweck benötigten Nutzungs­rechte übertragen werden. Zur üblichen Art und Weise der Nutzung eines Inter­net­auf­tritts gehört auch die Ermög­li­chung des Zugangs über zwei Domains, denn es ist für Firmen­home­pages markt­üblich, dass Anbieter von Webhosting bereits im Grund­preis die Zuweisung von zwei Domains ermög­lichen. So bietet zum Beispiel sogar das Einstiegs­paket T‑Homepage Starter der Deutschen Telekom AG die Möglichkeit der Zuweisung von zwei Domains. Auch der Anbieter »Strato AG« ermög­licht in seinem Angebot »Firmen-Homepage« die Zuweisung von zwei Domains (https://www.strato.de/hornepade-baukasten/?adword=google/DE/MW). Auch der Anbieter 1&1 bietet für Business-Webhosting bereits im günstigsten Paket »Dual Starter« zwei inklusive Domains an (http://hosting.1und1.de/linux-hosting?linkld=ct.txt.linux-hosting). Im Hinblick auf die Markt­üb­lichkeit der Möglichkeit, seinen Inter­net­auf­tritt mit einer zweiten Domain zu versehen, ohne dass hierdurch höhere Webhosting-Kosten entstehen, gehört die Zuweisung einer zweiten Domain auch zu dem, womit beide Vertrags­par­teien im Rahmen der üblichen Verwendung eines Firmen­in­ter­net­auf­tritts, dessen Erstellung Vertrags­zweck war, rechnen müssen. Die Einräumung von Fotoli­zenzen zum Zwecke der Entwicklung eines Inter­net­auf­tritts führt daher dazu, dass soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, der Zugang über bis zu zwei Domains vom Vertrags­zweck und damit auch vom einge­räumten Nutzungs­recht umfasst ist. Mit einer solchen Auslegung bleibt der von § 31 Abs. 5 UrhG inten­dierte Schutz des Urhebers vor den unange­mes­senen wirtschaft­lichen Folgen einer Pauschal­vergabe von Nutzungs­rechten (Wandtke / Bullinger UrhG § 31 Rn. 39) gewahrt, denn das. Nutzungs­recht auch hinsichtlich der Zugäng­lich­ma­chung des Inter­net­auf­tritts über zwei Domains verbleibt im Rahmen dessen, was auch aus Sicht des Urhebers bei Vertrags­schluss vom Nutzer eines Inter­net­auf­trittes im Rahmen dessen üblicher Nutzung zu erwarten war. Die Beklagte als profes­sio­nelle Markt­teil­neh­merin musste angesichts der markt­üb­lichen Zuweisung von zwei Domains zu einem Inter­net­auf­tritt mit einer solchen Nutzungs­weise der Klägerin rechnen, solange sie dies nicht ausdrücklich in ihren AGB untersagt. Die Nutzungs­weise des Inter­net­auf­tritts geht unter Berück­sich­tigung der Verhält­nisse bei Vertrags­schluss in keiner Weise über das hinaus, was üblicher­weise zu erwarten ist, sodass keine unange­messene wirtschaft­liche Folge für die Rechte­inha­berin darin erblickt werden kann, dass diese Nutzungs­weise von dem ursprünglich einge­räumten Nutzungs­recht umfasst ist.

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläu­figen Vollstreck­barkeit aus §§ 708 Nr. 11 711 ZPO

Der Streitwert wird auf 1.162.50 EUR festge­setzt, denn die weiteren 130,50 Euro betreffen nicht Abmahn­kosten, sondern vorge­richt­liche Rechts­an­walts­kosten der Haupt­for­derung, deren Nicht­be­stehen festge­stellt werden soll.