OLG Köln: Unlau­terkeit bei der Nachahmung im Bereich Wohnmöbel

Das OLG Köln musste sich mit der Frage beschäf­tigen wann eine unlautere Nachahmung im Bereich Wohnmö­bel­vor­liegt. Die Richter lehnten aufgrund der nur schwachen wettbe­werb­licher Eigenart des Ausgangs­mo­dellsund einem nur lediglich ein geringem Grad der Nachahmung im konkreten Fall eine Verletzung ab. Dem Senat, der bereits eine Vielzahl von Verfahren aus dem Möbel­sektor zu entscheiden hatte, ist im Übrigen bekannt, dass es bei Wohnmöbeln einen vergleichs­weise engen Gestal­tungs­spielraum gibt, so dass zwar einer­seits keine hohen Anfor­de­rungen an die Indivi­dua­lität einer Gestaltung gestellt werden müssen, um die wettbe­werb­liche Eigenart zu bejahen, anderer­seits aber der Schutz­umfang einer solchen Gestaltung dementspre­chend eng zu bestimmen ist.

Oberlan­des­ge­richt Köln

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. 12. 2013 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handels­sachen des Landge­richts Köln — 84 O 111/13 — abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  • Die Klage wird abgewiesen.
  • Die Kosten des Rechts­streits einschließlich des Berufungs­ver­fahrens trägt die Klägerin.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstre­ckung durch die Beklagte durch Sicher­heits­leistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstre­ckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstre­ckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstre­ckenden Betrages leistet.
  • Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e :

(anstelle von Tatbe­stand und Entschei­dungs­gründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.
Die Parteien stellen Möbel her.

Seit der IMM (inter­na­tionale Möbel­messe) in Köln im Januar 2012 vertreibt die Klägerin einen Freischwinger-Stuhl, der die Modell­be­zeichnung „Joy“ trägt. Dieser Stuhl ist in verschie­denen Modell­va­ri­anten erhältlich, mit und ohne Armlehnen sowie mit verschie­denen Kopfstücken, entweder aus Holz oder aus Metall. Wegen der Einzel­heiten wird auf das von der Klägerin vorge­legte Prospekt­ma­terial (Anlagen K 1 – K 3, Bl. 1 ff. Anlagenheft) verwiesen. Ein Exemplar des – nachfolgend abgebil­deten – Stuhls in der Version mit Metall-Kopfstück hat die Klägerin zu den Akten gereicht (Anlage K 4).

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

Die Beklagte vertreibt seit der IMM 2013 in Köln den nachstehend abgebil­deten Freischwinger-Stuhl „Nina“ in den Farben schwarz und blau:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

Ein Exemplar des Stuhls mit schwarzer Bespannung hat die Klägerin zu den Akten gereicht (Anlage K 5). Die Klägerin hat die Beklagte wegen des Vertriebs dieses Modells erfolglos abgemahnt.

Die Klägerin hat behauptet, im Jahre 2012 von dem Modell „Joy“ 3.504 Stück ohne Armlehne und 765 Stück mit Armlehne verkauft zu haben. Die Verkaufs­zahlen für das Jahr 2013 hätten bis einschließlich April 3.603 bezie­hungs­weise 524 Stück betragen. Etwa 30 % hiervon seien auf Modelle mit Metall-Kopfstück und 70 % auf Modelle mit Holz-Kopfstück entfallen. Das Modell „Joy“ sei im Jahre 2012 über verschiedene große Möbel­haus­ketten wie Höffner, Flamme Möbel, Leyen­decker GmbH & Co., XXXLutz Handels GmbH, Schaf­frath GmbH & Co. KG, Pallen GmbH & Co. KG, Ostermann GmbH & Co. KG und Segmüller angeboten worden. Im Einzel­handel werde „Joy“ üblicher­weise für einen Preis von 250,00 EUR bis 300,00 EUR angeboten. Allein im Jahre 2012 habe der Einzel­handel mit dem Stuhl einen Umsatz von ca. 1 Mio. EUR erzielt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Modell „Nina“ der Beklagten stelle eine wettbe­werblich unzulässige Nachahmung ihres Modells „Joy“ dar. Dessen wettbe­werb­liche Eigenart liege vor allem in der beson­deren Ausfüh­rungsform der Netzbe­spannung der Rücken­lehne, die aus einem engma­schig vernetzten Rahmen und einem weitma­schigen, licht­durch­läs­sigen Netz innerhalb dieses Rahmens bestehe.

Die Klägerin hat beantragt:

I. Die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwider­handlung festzu­set­zenden Ordnungs­geldes bis zu 250.000 EUR, ersatz­weise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unter­lassen, im geschäft­lichen Verkehr den Freischwinger „Nina“ wie nachstehend wieder­ge­geben selbst oder durch Dritte auszu­stellen, anzubieten, feilzu­halten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

2. unter Vorlage von Rechnungen und Liefer­scheinen Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I.1 bisher begangen hat, insbe­sondere unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Liefe­ranten, Hersteller und gewerb­lichen Abnehmer;
b) der Liefer­mengen, Liefer­zeiten und Liefer­preise der bezogenen und/oder an gewerb­liche Abnehmer ausge­lie­ferten Freischwinger, der getätigten Umsätze, aufge­schlüsselt nach Kalen­der­mo­naten und €-Werten, der Geste­hungs­kosten und sämtlicher Kosten­fak­toren sowie des erzielten Gewinns;
II. festzu­stellen, dass die Beklagte ihr allen Schaden zu ersetzen hat, der ihr aus den Handlungen gemäß Ziffern I.1. bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird;
III. die Beklagte zu verur­teilen, sie von den durch die Inanspruch­nahme der Anwalts­kanzlei von L, L2, entstan­denen Kosten in Höhe von 2.080,50 € freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Modell „Joy“ der Klägerin verfüge – wenn überhaupt – nur über eine sehr einge­schränkte wettbe­werb­liche Eigenart, so dass die Unter­schiede zwischen den beiden Modellen, insbe­sondere hinsichtlich der Gestaltung der Rücken­lehne, des Unter­ge­stells und des Kopfstücks als Unter­schei­dungs­merkmale ausreichen würden. Ihr Modell „Nina“ sei keine Nachahmung des Modells „Joy“ der Klägerin; sie habe es vielmehr unabhängig und bewusst entwi­ckelt, um sich von einem anderen Modell der Klägerin abzugrenzen. „Joy“ sei ihr dabei nicht bekannt gewesen. Der vorbe­kannte Formen­schatz sowie das wettbe­werb­liche Umfeld würden belegen, dass derartige Gestal­tungen am Markt nicht nur bekannt, sondern sehr weit verbreitet seien. Wegen der Einzel­heiten des wettbe­werb­lichen Umfelds wird auf die Anlagen BK 3 bis BK 18 (Bl. 71 ff. Anlagenheft) verwiesen.

Das Landge­richt hat die Beklagte antrags­gemäß verur­teilt und zur Begründung ausge­führt, das Modell der Klägerin verfüge über wettbe­werb­liche Eigenart. Zwar würden sich im wettbe­werb­lichen Umfeld einzelne Gestal­tungs­ele­mente wieder­finden, jedoch nicht in der gleichen Kombi­nation. Insbe­sondere die Ausge­staltung der Rücken­lehne des Freischwingers, bei der eine licht­durch­lässige Netzfläche von einem dunklen Rahmen umgeben sei, finde sich in dieser Gestaltung im Umfeld nicht. Das Modell der Beklagten habe diese prägenden Elemente übernommen; vorhandene Unter­schiede würden lediglich Details betreffen. Den Vortrag der Beklagten, sie habe bei der Entwicklung ihres Modells „Nina“ das Modell der Klägerin nicht gekannt, hat das Landge­richt als „reine Schutz­be­hauptung“ zurück­ge­wiesen. Wegen der weiteren Einzel­heiten wird auf das Urteil des Landge­richts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und frist­ge­recht einge­legten und begrün­deten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klage­ab­weisung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstin­stanz­lichen Vortrag. Insbe­sondere bestreitet sie, dass die von der Klägerin in den Vorder­grund gestellte Variante des Modells „Joy“ mit Metall-Kopfstück bereits Anfang 2012 in den Markt einge­führt und von der Klägerin in den angege­benen Stück­zahlen vertrieben worden sei; sie könne dieses Modell bei der Entwicklung ihres Modells „Nina“, die in der zweiten Jahres­hälfte 2012 erfolgt sei, folglich auch nicht nachgeahmt haben. Die von ihr erstin­stanzlich vorge­tra­genen Produkte des wettbe­werb­lichen Umfelds seien flächen­de­ckend in Deutschland vermarktet worden. Zusätzlich verweist sie auf ein Stuhl­modell des Herstellers „Hülsta“ mit der Modell­be­zeichnung „D18 Plus“, das die gleichen, von dem Landge­richt hervor­ge­ho­benen Merkmale aufweise wie das Modell der Klägerin (wegen der Einzel­heiten wird auf die Anlage BBK 1, Bl. 141 ff. d. A. verwiesen). Hülsta habe für dieses Produkt bereits im Jahr 2008 ein Geschmacks­muster regis­trieren lassen; zurzeit werde es über verschiedene große Möbel­haus­ketten in Deutschland vertrieben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landge­richts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landge­richts unter Wieder­holung und Vertiefung ihres erstin­stanz­lichen Vortrags. Insbe­sondere weist sie darauf hin, dass die Beklagte nicht zu dem Umfang vorge­tragen habe, in dem die Produkte des wettbe­werb­lichen Umfelds vertrieben würden. Auch hinsichtlich des Modells „Hülsta D18 plus“ fehle es an substan­ti­iertem Vortrag zur Markt­präsenz. Der Umstand, dass die Beklagte sich erstmals in der Berufungs­in­stanz auf diese Produkt berufe, spreche dafür, dass es über keine relevante Markt­präsenz verfüge. Weiterhin vertieft die Klägerin ihren Vortrag zu der Behauptung, dass die Beklagte ihr Modell „Joy“ bewusst nachgeahmt habe. Die Parteien seien nicht nur am gleichen Ort ansässig, sondern würden auch seit Jahren wettbe­werbs­recht­liche Ausein­an­der­setzung gegen­ein­ander führen. Es sei nicht vorstellbar, dass die Beklagte ein Produkt entwerfe, mit dem sie sich bewusst von einem anderen Modell der Klägerin, das sie zuvor nachgeahmt hatte, absetzen wollte, ohne von dem restlichen Produkt­pro­gramm der Klägerin Kenntnis zu nehmen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage als unbegründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Unter­las­sungs­an­spruch aus §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 9, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG und mithin auch nicht die geltend gemachten Annexansprüche.

1. Bedenken gegen die Bestimmtheit des Antrags bestehen nicht. Um die Unlau­terkeit des Vertriebs des beanstan­deten Stuhls zu belegen, stützt sich die Klägerin in erster Linie auf sämtliche Varianten des Modells „Joy“, für die sie die Absatz­zahlen insgesamt vorge­tragen hat. Daneben stützt sie sich insbe­sondere auf das Modell „Joy“ in der Ausführung ohne Armlehnen mit Metall-Kopfstück (Anlage K 4), das die Beklagte „noch ähnlicher“ nachgeahmt habe. Jeden­falls nach der neueren Recht­spre­chung des Bundes­ge­richtshofs ist dies zulässig: Der Streit­ge­gen­stand wird durch die konkrete Verlet­zungsform, hier also den angegrif­fenen Stuhl der Beklagten, bestimmt. Wenn die Klägerin die Wettbe­werbs­wid­rigkeit dieses Stuhls mit verschie­denen eigenen Produkten begründet, hält sie sich dabei innerhalb des einheit­lichen konkreten Lebens­sach­ver­halts, auf den sie ihren Anspruch stützt (vgl. Senat, GRUR-RR 2014, 25, 26 – Kinder­hoch­stuhl „Sit up“).

2. Nach der Recht­spre­chung des Bundes­ge­richtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, kann der Vertrieb eines nachah­menden Erzeug­nisses gemäß § 4 Nr. 9 a) UWG wettbe­werbs­widrig sein, wenn das nachge­ahmte Produkt über wettbe­werb­liche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzu­treten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunfts­täu­schung hervor­zu­rufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunfts­täu­schung unter­lässt. Dabei besteht eine Wechsel­wirkung zwischen dem Grad der wettbe­werb­lichen Eigenart, der Art und Weise und der Inten­sität der Übernahme sowie den beson­deren wettbe­werb­lichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbe­werb­lichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anfor­de­rungen an die beson­deren Umstände zu stellen sind, die die Wettbe­werbs­wid­rigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 21 – LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 Tz. 16 – Sandmal­kasten; GRUR 2013, 951 Tz. 14 – Regal­system; GRUR 2013, 1052 Tz. 15 – Einkaufs­wagen III; Senat, GRUR-RR 2014, 25, 26 f. – Kinder­hoch­stuhl „Sit up“, jeweils m. w. N.).

3. Das Modell „Joy“ der Klägerin verfügt im Ergebnis über schwache wettbe­werb­liche Eigenart.

a) Für die Annahme wettbe­werb­licher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betrieb­liche Herkunft legt und aus deren Gestaltung Anhalts­punkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilele­mente entwi­ckelte Leistungs­er­gebnis von anderen vergleich­baren Erzeug­nissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angespro­chenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, GRUR 2012, 1155 Tz. 19 – Sandmal­kasten; GRUR 2013, 1052 Tz. 18 – Einkaufs­wagen III; Senat, GRUR-RR 2013, 24, 25 – Gute Laune Drops, jeweils m. w. N.). Es handelt sich bei den Produkten der Klägerin nicht um schutz­un­fähige „Dutzendware“ oder „Aller­welt­s­er­zeug­nisse“ (vgl. BGH, GRUR 2012, 1155 Tz. 34 – Sandmal­kasten), und die Klägerin ist – wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist – als Herstel­lerin von Design­möbeln bekannt. Im Verfahren vorge­legte Anzeigen belegen, dass ihre Produkte auch in diesem Sinn beworben werden (Bl. 116, 119, 122 AH).

b) Der Gesamt­ein­druck eines Erzeug­nisses kann durch Gestal­tungs­merkmale bestimmt oder mitbe­stimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unter­nehmen hinzu­weisen. Derartige Gestal­tungs­merkmale können in ihrem Zusam­men­wirken eine wettbe­werb­liche Eigenart verstärken oder begründen, da diese von dem Gesamt­ein­druck abhängt, den die konkrete Ausge­staltung oder bestimmte Merkmale des jewei­ligen Erzeug­nisses vermitteln (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 34 – LIKEaBIKE; GRUR 2013, 951 = WRP 2013, 1188 Tz. 19 – Regal­system; GRUR 2013, 1052 Tz. 20 – Einkaufs­wagen III). Dabei kann auch die als neu empfundene Kombi­nation bekannter Gestal­tungs­ele­mente eine wettbe­werb­liche Eigenart begründen (BGH, GRUR 2006, 79 Tz. 26 – Jeans I; GRUR 2008, 1115 Tz. 22 – ICON). Abzustellen ist dabei nicht auf einzelne Gestal­tungs­merkmale, sondern auf den durch seine prägenden Merkmale hervor­ge­ru­fenen Gesamt­ein­druck des jewei­ligen Produkts (BGH GRUR 2010, 80 Tz. 32 – LIKEaBIKE; Senat, GRUR-RR 2014, 65 = WRP 2013, 1500 Tz. 9 – PANDAS).

Im Ansatz zutreffend weist die Klägerin daher darauf hin, dass allein der Umstand, dass „Freischwinger“ eine gängige Produkt­ge­staltung sind, was auch für die Netzbe­spannung der Rücken­lehne gelten mag, der wettbe­werb­lichen Eigenart ihres Produkts grund­sätzlich nicht entge­gen­steht. Maßgeblich ist, ob die Kombi­nation dieser Elemente einen Gesamt­ein­druck hervorruft, der geeignet ist, den Verkehr auf die betrieb­liche Herkunft der Produkte hinzuweisen.

c) Die Klägerin hat sich in der Klage­schrift in erster Linie auf die Variante des Modells „Joy“ ohne Armlehnen mit Metall-Kopfstück gestützt. Daneben existieren noch Varianten mit Armlehnen und einem Holz-Kopfstück (Abbil­dungen Bl. 2, 3 AH). Die von der Klägerin vorge­tra­genen – und von der Beklagten bestrit­tenen – Absatz­zahlen beziehen sich auf die gesamte Serie. Auf entspre­chende Rügen der Beklagten hat die Klägerin ausge­führt, die Ausfüh­rungsform des Kopfstücks habe „keine entschei­dende Bedeutung für diesen Rechts­streit“, da auch ohne Berück­sich­tigung des Kopfstücks Verwechs­lungs­gefahr zwischen den Produkten bestehe (Bl. 68 d. A.). Das Landge­richt hat dementspre­chend bei der Prüfung der wettbe­werb­lichen Eigenart (und folge­richtig auch bei dem Vergleich der Produkte) nicht auf das Kopfstück abgestellt.

Zutreffend ist, dass sich die wettbe­werb­liche Eigenart nicht notwen­di­ger­weise auf ein bestimmtes Produkt beziehen muss, sondern auch aus den überein­stim­menden Merkmalen verschie­dener Exemplare einer Modell­reihe herge­leitet werden kann, solange nicht nur Schutz für einzelne Stilmittel oder eine dem Sonder­schutz nicht zugäng­liche Grundidee begehrt wird, sondern für konkrete Gestal­tungs­merkmale, die jeweils allen Modellen der Reihe eigen sind und deren wettbe­werb­liche Eigenart begründen (BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 27 — Handta­schen; Senat, GRUR-RR 2013, 24, 25 – Gute Laune Drops; GRUR-RR 2014, 25, 27 – Kinder­hoch­stuhl „Sit up“). Vor diesem Hinter­grund ist es zulässig, wenn die Klägerin auf alle Varianten des Modells „Joy“ abstellt, die alle durch die Kombi­nation des Freischwinger-Gestells mit einer durch ein Netzgewebe gebil­deten Rücken­lehne sowie einem als Griff zu verwen­denden Kopfstück, sei es aus Metall, sei es aus Holz, charak­te­ri­siert werden.

d) Die konkrete Gestaltung der Rücken­lehne durch eine Kombi­nation von licht­durch­läs­sigem Mittelteil und umgebendem dunklen Rahmen (seitens der Klägerin plastisch als „Passe­partout-Effekt“ bezeichnet) ist dagegen nicht geeignet, eine weitere Steigerung der wettbe­werb­lichen Eigenart zu begründen. Zu diesem Punkt hat die Beklagte erstin­stanzlich unwider­sprochen vorge­tragen, dieser Effekt ergebe sich daraus, dass an den Kanten das Netzgewebe umgeschlagen und vernäht werden müsse, um Schlaufen zu bilden, durch die es am Rahmen befestigt werde. Der „Passe­partout-Effekt“ sei daher für alle Netzbe­span­nungen typisch.

Merkmale, die bei gleich­ar­tigen Erzeug­nissen aus techni­schen Gründen zwingend verwendet werden müssen, können aus Rechts­gründen keine wettbe­werb­liche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher technisch notwen­diger Gestal­tungs­merkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbe­werbs­rechtlich (außerhalb eines Sonder­rechts­schutzes) nicht zu beanstanden. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, ohne dass damit Quali­täts­ein­bußen verbunden sind, wettbe­werb­liche Eigenart (mit-) begründen (BGH, GRUR 2008, 790 Tz. 36 – Baugruppe; GRUR 2009, 1073 Tz. 13 – Ausbein­messer; GRUR 2010, 80 Tz. 27 – LIKEaBIKE; GRUR 2010, 1125 Tz. 22 – Femur-Teil; GRUR 2012, 1155 Tz. 29 – Sandmalkasten).

Daraus folgt für den vorlie­genden Fall, dass der „Passe­partout-Effekt“ keine zusätz­liche, über die Verwendung einer Netzbe­spannung hinaus­ge­hende wettbe­werb­liche Eigenart begründen kann.

Im Ergebnis folgt der Senat der Bewertung des Landge­richts, dass bereits die Kombi­nation des Freischwinger-Gestells mit einer Netzbe­spannung der Rücken­lehne geeignet ist, die wettbe­werb­liche Eigenart des Produkts der Klägerin zu begründen. Im Vorder­grund steht dabei aller­dings das „Freischwinger-Gestell“, durch das das Erschei­nungsbild des Stuhls wesentlich geprägt wird (vgl. BGH, GRUR 1961, 635, 637 – Stahl­rohr­stuhl I; GRUR 1981, 820, 822 – Stahl­rohr­stuhl II). Für die Gestaltung des Freischwinger-Gestells, das schon in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhun­derts im Umfeld des Bauhauses entwi­ckelt worden ist („Thonet-Stuhl“, vgl. Anlage BK 3, Bl. 71 ff. Anlagenheft, sowie die zitierten BGH-Entschei­dungen „Stahl­rohr­stuhl“), kann die Klägerin keinen Sonder­rechts­schutz beanspruchen. Dem Senat, der bereits eine Vielzahl von Verfahren aus dem Möbel­sektor zu entscheiden hatte, ist im Übrigen bekannt, dass es bei Wohnmöbeln einen vergleichs­weise engen Gestal­tungs­spielraum gibt, so dass zwar einer­seits keine hohen Anfor­de­rungen an die Indivi­dua­lität einer Gestaltung gestellt werden müssen, um die wettbe­werb­liche Eigenart zu bejahen, anderer­seits aber der Schutz­umfang einer solchen Gestaltung dementspre­chend eng zu bestimmen ist.

e) Hinzu kommt, dass im vorlie­genden Fall jeden­falls aufgrund des Vortrags in der Berufungs­in­stanz davon auszu­gehen ist, dass im wettbe­werb­lichen Umfeld Stühle mit vergleich­barem Gesamt­ein­druck vorhanden sind.

Das Landge­richt hat insoweit auf die Zusam­men­stel­lungen BK 17 und BK 18 (Bl. 137 ff. d. A.) abgestellt und dazu ausge­führt, keines dieser Produkte weise die typische Gestaltung der Rücken­lehne wie das Modell der Klägerin auf; außerdem sei nichts zur Bedeutung dieser Produkte am Markt vorgetragen.

Bei der Geltend­ma­chung eines wettbe­werbs­recht­lichen Nachah­mungs­schutzes obliegt es zunächst dem Anspruch­steller, die klage­be­grün­denden Tatsachen darzu­legen und zu beweisen, insbe­sondere also die Merkmale darzutun, aus denen sich die wettbe­werb­liche Eigenart ergibt. Stützt er sich auf eine dem Erzeugnis innewoh­nende Eigenart, wird häufig die Vorlage des Produkts ausreichen, für das der Nachah­mungs­schutz begehrt wird. Entgegen der von der Beklagten in der Berufungs­in­stanz geäußerten Ansicht gehört es grund­sätzlich nicht zu einem schlüs­sigen Klage­vor­bringen, dass auch zu dem Abstand vorge­tragen wird, den das fragliche Produkt zu vorbe­kannten Erzeug­nissen und zu den Erzeug­nissen der Wettbe­werber hält. Nur in Fällen, in denen nicht von einer allge­meinen Kenntnis der Markt­ver­hält­nisse ausge­gangen werden kann, ist dies erforderlich.

Ist der Anspruch­steller insoweit seiner Darle­gungs- und Beweislast nachge­kommen, ist es grund­sätzlich Sache des Anspruchs­gegners, darzutun und gegebe­nen­falls zu beweisen, dass die in Rede stehenden Merkmale einzeln oder auch in der fraglichen Verbindung bereits vorbe­kannt oder inzwi­schen üblich geworden sind (BGH, GRUR 1998, 477, 479 – Trach­ten­janker; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.78). Insbe­sondere muss er dabei die Markt­be­deutung von Produkten darlegen, mit denen er die wettbe­werb­liche Eigenart des nachge­ahmten Produkts in Frage stellen will (BGH, GRUR 2005, 600, 602 – Handtuch­klemmen; Senat, GRUR-RR 2008, 166, 168 – Bigfoot; GRUR-RR 2014, 25, 28 – Kinder­hoch­stuhl „Sit-Up“).

Dazu ist es aller­dings nicht zwingend erfor­derlich, Absatz­zahlen der Wettbe­werber zu benennen, die dem Anspruchs­gegner in der Regel nicht bekannt sein werden. Bei der Prüfung der „hinrei­chenden Bekanntheit“ des nachge­ahmten Produkts kann diese nicht nur aus hohen Absatz­zahlen, sondern auch aus entspre­chenden Werbe­an­stren­gungen abgeleitet werden (BGH, GRUR 2013, 951 = WRP 2013, 1188 Tz. 27 – Regal­system; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2013, § 4 Rn. 9.41a). Solche Werbe­an­stren­gungen können in Prospekten, Katalogen und Messe­auf­tritten bestehen (Senat, GRUR-RR 2004, 21, 23 – Küchen-Seiher). Diese Grund­sätze lassen sich auch auf die hier zu beurtei­lende Frage der Markt­be­deutung von Produkten des wettbe­werb­lichen Umfelds übertragen.

Nach diesen Maßstäben ist der erstin­stanz­liche Vortrag der Beklagten tatsächlich für viele Entge­gen­hal­tungen unzurei­chend. Ansatz­weise vorge­tragen hat sie zur Markt­be­deutung des Produkts BK 11 (Bl. 99 Anlagenheft) = BK 18.1, bei dem es sich um einen Asien-Import handele, der über diverse große Möbel­häuser vertrieben werde. Die Klägerin hat auch diesen Vortrag als unsub­stan­tiiert gerügt. Darauf kommt es aller­dings im Ergebnis nicht an, da dieses Produkt – wie bereits das Landge­richt ausge­führt hat – eine deutlich abwei­chend gestaltete Rücken­lehne aufweist („Strei­fen­optik“) und damit gerade nicht die Kombi­nation aus Freischwinger-Gestell und Rücken­lehne mit Netzbespannung.

Zu dem Stuhl „Team 7 Magnum Stricktex“ (BK 7, Bl. 89 ff. AH) fehlt es an jedem Vortrag zur Markt­be­deutung, sieht man von dem Hinweis ab, dass er 2006 einen Design­preis erworben hat. Hierzu merkt die Klägerin zutreffend an, dass ein Design­preis allen­falls zur Bekanntheit des Produkts in Fachkreisen, nicht aber bei den Endab­nehmern führt. Dass dieser Stuhl von der Zeitschrift „T“ in der Rubrik „O“ geführt wird, wie die Beklagte in der Berufung behauptet, ist seitens der Klägerin bestritten worden.

Zu dem Produkt „Bologna“ des Herstellers Wössner hat die Beklagte vorge­tragen, bei diesem Unter­nehmen handele es sich um „ein[en] der führenden Anbieter … im Bereich Speise­zimmer“, dessen Produkte von zahlreichen größeren Möbel­haus­un­ter­nehmen vertrieben würden. Die Klägerin hat dies nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich bestritten, dass der Stuhl bereits 2006 vertrieben worden sei. In der Berufungs­in­stanz beanstandet sie zusätzlich, es sei nichts zu den Absatz­zahlen vorge­tragen worden. Bis auf einen eher techni­schen Prospekt­auszug hat die Beklagte auch kein Werbe­ma­terial vorgelegt. Dieses Produkt ist deswegen von Interesse, weil es – wie auch „Magnum Stricktex“ – die Kombi­nation aus Freischwinger-Gestell und Rücken­lehne mit Netzbe­spannung aufweist.

In der Berufungs­in­stanz stützt sich die Beklagte zusätzlich auf das Modell „D18 plus“ des Herstellers Hülsta. Auch hier beanstandet die Klägerin, dass die Beklagte nichts zu Absatz­zahlen vorträgt; aller­dings hat die Beklagte Ausdrucke von Inter­net­seiten großer Möbel­häuser vorgelegt (Ostermann und Porta), auf denen der Stuhl beworben wird (Bl. 144/145 d. A.). Dies genügt, um eine gewisse Markpräsenz zu begründen. Die Klägerin hat auch den Vortrag, dieser Stuhl sei bereits seit 2008 auf dem Markt, nicht substan­tiiert bestritten; sie hat nur allgemein dessen Bedeutung am Markt bezweifelt. Die Beklagte kann demge­genüber darauf verweisen, dass sich Hülsta für diesen Stuhl 2008 ein Geschmacks­muster eintragen ließ, so dass davon auszu­gehen ist, dass der Vertrieb zeitnah einge­setzt hat.

Auch wenn „D18 plus“ Unter­schiede zu dem Modell der Klägerin aufweist, so zeigt er doch genau die Kombi­nation aus Freischwinger-Gestell und Rücken­lehne mit Netzbe­spannung, die die Klägerin und das Landge­richt als die entschei­denden Merkmale heraus­ge­stellt haben, die die wettbe­werb­liche Eigenart des kläge­ri­schen Modells begründen. Auf der Abbildung Bl. 145 d. A. lässt sich auch sehr gut der „Passepartout“-Effekt erkennen. Gleiches gilt für das Modell „Bologna“ von Wössner. Unerheblich sind dabei die Maßab­wei­chungen des Modells „D18 plus“ von dem Modell der Klägerin. Diese Abwei­chungen prägen nicht den Gesamt­ein­druck; im Übrigen begründen die Propor­tionen des Stuhls nicht seine wettbe­werb­liche Eigenart. Eine Abwei­chung ergibt sich nur hinsichtlich des Kopfstücks, wenn dieses zur Begründung der wettbe­werb­lichen Eigenart des kläge­ri­schen Produkts mit heran­ge­zogen wird, das bei dem Modell von Hülsta nicht „griff­artig“ ausge­bildet ist. Dennoch weist „D18 plus“ im Ergebnis einen sehr ähnlichen Gesamt­ein­druck wie die Modelle der Klägerin auf.

f) Eine gestei­gerte wettbe­werb­liche Eigenart aufgrund hoher Bekanntheit (vgl. BGH, GRUR 2012, 1155 = WRP 2012, 1379 Tz. 38 – Sandmal­kasten; GRUR 2013, 951 = WRP 2013, 1189 Tz. 27 – Regal­system; GRUR 2013, 1052 = WRP 2013, 1339 Tz. 25 – Einkaufs­wagen III) ist nicht anzunehmen und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Selbst die für die gesamte „Joy“-Serie sind die – bestrit­tenen – Absatz­zahlen (2012 und im ersten Quartal 2013 jeweils gut 3.500 Stück) nicht außer­ge­wöhnlich hoch; hinzu­kommt, dass die Markt­ein­führung nur verhält­nis­mäßig kurze Zeit zurückliegt.

g) Damit ist als Gesamt­ergebnis festzu­halten, dass jeden­falls aufgrund des Umfelds die wettbe­werb­liche Eigenart des Modells „Joy“ – selbst in der Variante mit Metall-Kopfstück – nur als schwach einzu­stufen ist.

4. Es liegt nur ein nachschaf­fende Nachahmung vor. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Nachahmung wieder­erkennbare wesent­liche Elemente des Originals aufweist und sich nicht deutlich davon absetzt. Gering­fügige Abwei­chungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild erkennbar bleibt (BGH, GRUR 1992, 523, 524 – Beton­stein­ele­mente; KG, GRUR-RR 2003, 84, 85 – Tatty Teddy; OLG Hamburg, MarkenR 2011, 275, 280 = juris Tz. 55; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.37).

Bei der Beurteilung der Überein­stimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist auf den Gesamt­ein­druck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestim­mungs­ge­mäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH, GRUR 2005, 600, 602 – Handtuch­klemmen; GRUR 2007, 795 Tz. 32 – Handta­schen; GRUR 2009, 1069 Tz. 20 – Knoblauch­würste). Dabei ist der Erfah­rungssatz zu berück­sich­tigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regel­mäßig nicht gleich­zeitig wahrnimmt und mitein­ander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinne­rungs­ein­drucks gewinnt. Dabei treten regel­mäßig die überein­stim­menden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Überein­stim­mungen als die Unter­schiede ankommt (BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 34 – Handta­schen; GRUR 2010, 80 Tz 41 – LIKEaBIKE; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.43).

Das Produkt muss mit dem Origi­nal­produkt überein­stimmen oder ihm zumindest so ähnlich sein, dass es sich in ihm wieder­erkennen lässt. Das Origi­nal­produkt muss zwar nicht in allen seinen Gestal­tungs­merk­malen übernommen worden sein; bei einer teilweisen Übernahme muss sich die wettbe­werb­liche Eigenart des Originals aber gerade aus dem übernom­menen Teil ergeben. Es müssen also gerade die übernom­menen Gestal­tungs­merkmale geeignet sein, die wettbe­werb­liche Eigenart zu begründen (BGH, GRUR 1999, 923, 926 – Tele-Info-CD; GRUR 2007, 795 Tz. 32 – Handta­schen; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.34).

Bei den hier zu beurtei­lenden Stühlen fällt auf, dass das beide Produkte in beson­derem Maße prägende Freischwinger-Gestell unter­schiedlich gestaltet ist: Während bei dem Produkt der Klägerin Unter­ge­stell und Rücken­lehne deutlich vonein­ander abgesetzt sind, weist das Produkt der Beklagten einen durch­ge­henden Rahmen auf. Der dadurch hervor­ge­rufene Gesamt­ein­druck der geschwun­genen Linien­führung des Grund­ge­stells wird dadurch weiter verstärkt, dass die Biegung der Rücken­lehne bei dem Produkt der Beklagten stärker ausge­prägt ist. Vor allem aber sind auch die Rohre des Unter­ge­stells, anders als bei dem Produkt der Klägerin, nicht gerade, sondern gebogen, so dass sich in der Seiten­an­sicht ein deutlich anderer Gesamt­ein­druck ergibt. Das Modell der Klägerin mutet eher statisch-blockhaft an, das Modell der Beklagten wirkt schwungvoll-dynami­scher. Dass die abwei­chende Gestaltung des Freischwinger-Grund­ge­stells zu einem anderen Gesamt­ein­druck führen kann, hat bereits in der „Stahlrohrstuhl“-Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs eine Rolle gespielt (BGH, GRUR 1961, 635, 637).

Gerade bei dem im Vorder­grund stehenden Element, das die wettbe­werb­liche Eigenart des Produkts der Klägerin mitbe­gründet, weicht das Produkt der Beklagten von dem der Klägerin ab. Hier kann daher allen­falls von einer Anlehnung der Beklagten an das Produkt der Klägerin gesprochen werden, wobei die Frage, ob der Beklagten bei der Konzeption des beanstan­deten Modells das Modell „Joy“ der Klägerin bekannt war, offen bleiben kann.

5. Vor diesem Hinter­grund – schwache wettbe­werb­liche Eigenart, nur geringer Grad der Nachahmung – sind an die Feststellung der die Unlau­terkeit begrün­denden Umstände erhöhte Anfor­de­rungen zu richten. Da aufgrund des Umfelds und der nur geringen Varia­ti­ons­mög­lich­keiten des Grund­mo­dells „Freischwinger“ der Verkehr ein erhöhtes Augenmerk auch auf geringere Unter­schiede richten wird, kann im vorlie­genden Fall eine Herkunfts­täu­schung nicht angenommen werden. Beide Produkte weisen, bei aller vorhan­denen Ähnlichkeit, durch die unter­schied­liche Gestaltung des Gestells eine abwei­chende stilis­tische Handschrift auf, so dass sich auch die Annahme einer Herkunfts­täu­schung im weiteren Sinn verbietet.

6. Sonstige, die Unlau­terkeit begrün­denden Umstände werden von der Klägerin nicht vorge­tragen und sind auch nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die Voraus­set­zungen des § 4 Nr. 9 b) UWG.

7. Die Kosten­ent­scheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck­barkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs ab noch hat die Sache über die Rechts­an­wendung auf den Einzelfall hinaus grund­sätz­liche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeb­lichen Rechts­fragen sind in der oberge­richt­lichen Recht­spre­chung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.