Scheiss drauf! Kann nicht Marke

Das Bundes­pa­tent­ge­richt musste kürzlich die Entscheidung des DPMA überprüfen, die obige Marken­an­meldung für die Waren und Dienst­leis­tungen Textilien, Veran­stal­tungen, Musik (CD-elektro­nische Medien) zurückzuwiesen.

Im Ergebnis bestätigt das Gericht die Beurteilung und stützt sich dabei auf zwei Argumente.

  1. Das Gericht entschied, dass dem angemel­deten Zeichen die erfor­der­liche Unter­schei­dungs­kraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

Dabei gingen die Richter davon aus, dass die angemeldete Wortfolge auf das angespro­chene allge­meine Publikum in Zusam­menhang der beanspruchten Waren allein wie ironi­scher Spruch wirkt und eine herkunfts­hin­wei­sende Funktion nicht festge­stellt werden kann.

Die angemeldete Wortfolge erschöpft sich in einem auf origi­nelle Selbst­dar­stellung angelegten „Fun-Spruch“. Sie enthält eine griffige Auffor­derung zu eigenen Befind­lichkeit, die als Ausdruck von Selbst­ironie und groteskem Humor geeignet ist, Aufmerk­samkeit zu wecken. Die ohnehin zweifel­hafte Neuheit der Aussage (vgl. den identi­schen Spruch als Titel eines Buches, einer CD bzw. MP3-Downloads von Wackel oder auch Sido) könnte diese funktio­nelle Einordnung des Ausspruchs schon deswegen nicht berühren, weil gerade noch unbekannte Sprüche geeignet sind, die erwünschte Außen­wirkung hervorzurufen.

Grund­sätzlich können solche Schutz­hin­der­nisse durch eine Anmeldung als Wort-/Bild­marke beseitigt werden, vorliegend verhindert die einfache graphische Gestaltung der unter­ein­ander geschrie­benen Wörter in einem plaka­tiven Fettdruck mit großge­schrie­benen Buchstaben nicht die Wirkung als Aufmerk­samkeit erregender Aufruf, sondern unter­streicht diese nur.

  1. Die angemeldete Marke stellt zudem eine grobe Geschmacks­ver­letzung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG dar, was der Eintragung des Zeichens ebenfalls entgegensteht.

Derbe Ausdrücke und Missfal­lens­be­kun­dungen versteht eine deutliche Mehrheit der Gesell­schaft als gravie­rende Verletzung des zivili­sa­to­ri­schen Konsens und des guten Geschmacks. Im gesell­schaft­lichen Umgang, insbe­sondere auch im Geschäfts­leben gelten sie als Grenz­über­schreitung von angemes­senem Sozial­ver­halten sowie als Provo­kation und werden daher im Allge­meinen strikt vermieden. Das angemeldete Zeichen enthält erkennbar, ungeachtet der abwei­chenden Schreib­weise den vulgären Ausdruck „Scheiß“. „Scheiss drauf“ ist eine derbe Missfallensbekundung.

Dem steht nicht entgegen, dass sich eine Verwendung des Wortes „Scheiße“ oder ähnlicher Begriffe in zahlreichen litera­ri­schen oder filmi­schen Zusam­men­hängen feststellen lässt. Dies zeigt keine Libera­li­sierung, die dazu führen könnte, dass es kaum noch als anstößig oder gar provo­zierend empfunden wird. Vielmehr soll die Verwendung dort oft — künst­le­risch — bewusst provo­zieren, was die Anstoß­nahme einkal­ku­liert und teilweise voraus­setzt. Ein unerträg­licher Verstoß gegen das sittliche Empfinden ist daher nicht nur dann anzunehmen, wenn ein Zeichen Aussagen enthält, die diskri­mi­nierend sind oder die Menschen­würde beeinträchtigten.